SubPagesTopPicture

Wasserstoff Heimspeicher: Bis zur Markteinführung braucht es Geduld

Im August vergangenen Jahres stellte Hans Michael Kellner, Geschäftsführer Messer Schweiz AG, an einem Anlass des Vereins Energiewende-Ja in Spreitenbach in Aussicht, dass sein Unternehmen bald einen Wasserstoffspeicher für das Eigenheim auf den Markt bringen wird. Foto: Beat Kohler

Wasserstoff als saisonalen Speicher für Solarstrom auch im Eigenheim zu benutzen, diese Zielsetzung haben verschiedene Hersteller. Bereits in Deutschland am Markt ist HPS Home Power Solutions, die ihren Ganz­jahres-Stromspeicher picea im Jahr 2023 auch in der Schweiz herausbringen wollen. An der Entwicklung einer heimischen Wasserstofftankstelle mit einem Metallhydridspeicher arbeitet die Messer Schweiz AG. Wann die Markteinführung bei diesem Produkt erfolgen wird, ist noch offen.

Text: Beat Kohler/Pressedienst

Das Interesse an Wasserstoff für die saisonale Speicherung von Energie ist in der Schweiz sehr gross. Dies obwohl es wenig entsprechende kommerzielle Angebote im Eigenheimbereich in der Schweiz gibt. Diese Zeitschrift hat schon mehrfach über den deutschen Hersteller HPS Home Power Solutions berichtet, der den Ganzjahres-Stromspeicher picea entwickelt hat und in Deutschland bereits einsetzt. Die Geschäftsstelle der SSES ist daraufhin mit Anfragen zu diesem Produkt überhäuft worden. Doch das Produkt soll erst im kommenden Jahr in der Schweiz eingeführt werden. «Derzeit bereiten wir den Vertrieb in der Schweiz im nächsten Jahr vor. Ausserdem beschäftigen wir uns mit dem Aufbau eines Vertriebspartner-Netzwerks», erklärt HPS auf Anfrage. Voraussichtlich werde picea im Jahr 2023 in der Schweiz verfügbar sein. Als nächster Schritt danach sei die Expansion nach ­Österreich geplant, allerdings sei der Markteintritt dort momentan noch nicht absehbar. Bezüglich weiterer Anfragen und Details vertröstet HPS auf die Zukunft und bittet um Geduld. Man werde umgehend informieren, sobald neue Informationen verfügbar seien.

Wachstum ist da

Es kann der Eindruck entstehen, dass das Unternehmen ein wenig vom eigenen Erfolg überrannt wird. «Wir verzeichnen eine überaus starke Nachfrage nach unserem Ganzjahres-Stromspeicher picea und wachsen dynamisch», erklärt Zeyad Abul-Ella, Gründer und Geschäftsführer von HPS, in einer Mitteilung. Um möglichst vielen Menschen den Traum von einer ganzjährigen Versorgung mit grünem Strom und Wärme vom eigenen Dach zu ermöglichen, entwickle HPS seine Strukturen laufend weiter. Auch personell wird ausgebaut. Neu in der Geschäftsführung ist Stefan Kaufmann, ein Experte für Stromspeichersysteme. Nach einem Studium der Materialwissenschaften an der ETH Zürich war er in diversen Firmen tätig, unter anderem bei Komax Solar und zuletzt beim Speicherhersteller Senec. In seiner neuen Funktion bei HPS verantwortet er insbesondere den Bereich Produktentwicklung. Das rasante Wachstum der Firma soll Henrik Colell als neuer Leiter des Bereichs Strategie im Auge behalten. Er war bis März 2022 als Geschäftsführer für HPS Home Power Solutions ­tätig.

Werben mit drohendem Gasmangel

Obwohl die Markteinführung in der Schweiz noch auf sich warten lässt, rührt HPS im deutschen Markt laut die Werbetrommel – nicht zuletzt auch im Zusammenhang mit dem Überfall auf die Ukraine. «Eine stabile Energieversorgung ­unabhängig von fossilen Energien aus Russland oder anderen Staaten ist eine der wesentlichen Herausforderungen der nächsten Jahre. Dazu ist eine Energieversorgung auf Basis von Sonne und Wind wichtig, dies geht ganzjährig aber nur mit saisonalen Stromspeichern», erklärt Zeyad Abul-Ella. HPS biete mit picea einen am Markt verfügbaren Ganzjahres-Stromspeicher für Gebäude an. Die dezentrale Erzeugung und Nutzung von erneuerbarer Energie in Kombination mit Stromspeichern sei ein Schlüssel für ein robustes Energiesystem, das den Import von Energieträgern so weit wie möglich reduziere. «Die Kombination von Photovoltaik­anlagen, Wärmepumpen und saisonalen Stromspeichern auf Wasserstoffbasis in Gebäuden kann die Energieversorgung in Deutschland unabhängiger gestalten und den fossilen Energiebedarf senken», betont Abul-Ella. Auch in Deutschland will die Politik die Dekarbonisierung zu einem wesentlichen Teil mit Wärmepumpen und Elektromobilität bewerkstelligen. Das führt zu einem entsprechend steigenden Strombedarf. Bei HPS ist man überzeugt, dass PV-Anlagen auf den Dächern einen wichtigen Beitrag zur Deckung des erhöhten Strombedarfs leisten werden. «Allerdings geben insbesondere PV-Anlagen Strom oft dann ins Netz, wenn ohnehin ein Überschuss an Strom herrscht. Dies kann zu negativen Preisen am Strommarkt, zu Netzengpässen und Abregelungen von PV-Anlagen führen», hält HPS fest und sieht das eigene Produkt als Lösung. PV-Anlagen mit saisonalen Stromspeichern kombiniert mit Wärmepumpen könnten dieses Problem lösen, da somit die Wärmeversorgung im Winter mit Solarstrom aus dem Sommer gedeckt werden kann – ohne die Netze zu belasten.

Tankstelle im eigenen Keller

In der Schweiz arbeiten noch andere ­Firmen am Wasserstoffspeicher für den Heimgebrauch. Eine Wasserstofftankstelle im eigenen Haus, die mit Strom vom eigenen Dach betrieben werden kann, verspricht die Messer Schweiz AG mit der geräuscharmen Tankstelle H24U. In nur fünf Minuten sei das Wasserstofffahrzeug vollgetankt, und man könne sofort los­fahren. Bisher gibt es die Tankstelle aber erst auf dem Papier. Im August vergangenen Jahres stellte Hans Michael Kellner, Geschäftsführer Messer Schweiz AG, an einem Anlass des Vereins Energiewende-Ja in Spreitenbach in Aussicht, dass sein Unternehmen bald einen Wasserstoffspeicher für das Eigenheim auf den Markt bringen wird, der gleichzeitig auch für die notwendige Verdichtung des Wasserstoffs sorgt. Die Technologie, die dahintersteht, kommt aus einer Entwicklung der ETH Lausanne (EPFL) und wurde der Öffentlichkeit 2019 vorgestellt. Vorangetrieben wird das System von der Firma GRZ Technologies im Unterwallis. Kernstück der Entwicklung ist ein Metallhydridspeicher. Die darin enthaltene Metallverbindung kann Wasserstoff, der beispielsweise mit einer PV-Anlage auf dem Hausdach mittels Elektrolyse produziert wird, bei Umgebungsdruck aufnehmen und in den Zwischenräumen der Metallverbindung speichern. GRZ Technologies verspricht, dass dies eine sehr sichere Speichermöglichkeit sei und man so eine hohe Wasserstoffdichte erreiche. Wärmt man den Speicher auf, so gibt dieser den Wasserstoff wieder ab – wie Kellner erklärte, geschieht dies mit sehr hohem Druck in Form von flüssigem Wasserstoff. Das nutzt die Wasserstofftankstelle aus, um einem Fahrzeug den Wasserstoff in der nötigen Verdichtung zur Verfügung zu stellen.

Verzögerung beim Aufbau

Wie Kellner letzten August erklärte, wollte die Messer Schweiz AG die erste marktfähige Anlage bauen. Ursprünglich war geplant, diesen Januar eine Testanlage in Betrieb zu nehmen und dann ausgiebig zu testen – im eigenen Werk und mit unabhängigen Dritten. Wie das «Institut für Internet Technologie» online berichtete, konnte der Zeitplan nicht eingehalten werden. «Verzögerungen bei einzelnen Komponenten und andere coronabedingte Effekte haben die Aufbauarbeiten auf Ende April verschoben», erklärte die Messer Schweiz AG im Februar gegenüber
ifit.ch. In die Referenzanlage sollten rund 100 000 Franken investiert werden. Sie sollte drei Fahrzeuge mit einer Fahrleistung von je 15 000 km im Jahr versorgen. Eine Anfrage zum Stand des Projekts im Mai blieb unbeantwortet. Gegenüber ifit.ch gab Messer im Februar aber bereits Angaben zum Preis für eine solche Wasserstofftankstelle: «Sobald die Serienproduktion möglich ist, wird der Preis von 30 000 Franken angestrebt.» Allerdings ist in diesem Preis die PV-Anlage für die Stromproduktion ebenso wenig enthalten wie eine Anlage für die Elektrolyse.

www.homepowersolutions.de
www.messer.ch/wasserstofftankstelle