Der Verband unabhängiger Energieerzeuger VESE, eine Fachgruppe der Schweizerischen Vereinigung für Sonnenenergie SSES, ist der Ansicht, dass die vergangenen Freitag verabschiedete Botschaft über eine sichere Stromversorgung der Schweiz mit erneuerbaren Energien nicht weit genug geht und der Gesamtsicht auf die Energiewende nicht gerecht wird.
Pressedienst/Redaktion
Am Freitag hat der Bundesrat das Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien verabschiedet. Die Vorlage beinhaltet eine Revision des Energie- und des Stromversorgungsgesetzes. Damit sollen der Ausbau der einheimischen erneuerbaren Energien sowie die Versorgungssicherheit der Schweiz gestärkt werden. VESE begrüsst die grundsätzliche Stossrichtung des Gesetzes. Es sei allerdings sehr bedauerlich, dass auch diesen vorgeschlagenen Gesetzesanpassungen wieder keine Gesamtsicht der Energiewende zugrunde liege, schreibt VESE in einer Mitteilung. (Lesen Sie dazu auch den Artikel «Die Solarlobby wird nicht warm mit Sommarugas Energiegesetz» auf watson.ch)
Speicher ist nicht gleich Speicher
VESE bemängelt unter anderem, dass nach wie vor ausser Pumpspeicherkraftwerken alle anderen Speicherarten nicht als «Speicher» im Sinne des Gesetzes gelten. Das bedeutet für diese anderen Speicherarten –auch eine auf Netzebene 7 angebrachte Quartierbatterie zur Kappung von Netzspitzen auf Verteilnetzebene– dass sie die kompletten Netzkosten beim Batterieladevorgang bezahlen müssen. Dies kommt einer gewollten Verhinderung von innovativen Speicherkonzepten gleich. Dies obwohl für die Netze der Zukunft dezentrale Speicher gebraucht werden wie beispielsweise auch die vorgeschlagene Änderung der Kostenwälzungsstruktur auf das «Betragsnettoprinzip» zeigt. VESE findet es stossend, dass Quartierspeicher und ähnliche Speicherformen Netzgebühren bezahlen müssen, die Pumpspeicherkraftwerke aber nicht. Hier ist dringend eine Gleichbehandlung notwendig.
Es braucht mehr reine Produktionsanlagen
VESE begrüsst ausdrücklich die Verlängerung des Einmalvergütungssystems EIV – allerdings zielt auch dieses wieder auf PV-Anlagen mit Eigenverbrauch ab (siehe auch vese.ch/einordnung-bestehender-pv-foerderinstrumente). Grosse, reine Produktionsanlagen profitieren davon nur bedingt. Das Investitionsrisiko bei diesen Anlagen (s. auch vese.ch/investitionssicherheit) ist nach wie vor nicht kalkulierbar. Daran werden gemäss VESE auch die geplanten Auktionen nur wenig ändern. Diese werden aber dazu führen, dass die effektiven Stromgestehungskosten von grossen PV-Anlagen bei rund 3 bis 4 Rp/kWh liegen werden. Sollte der Marktpreis höher werden, so hätten deren Betreiber grosse, ungerechtfertige Mitnahmeeffekte. Auch hier setzt VESE auf andere Modelle der Abfederung des Investitionsrisikos. Beispielsweise wäre dies mit einem minimalen, langfristig stabilen Rückliefertarif möglich.
Liberalisierung für Stromversorgung nicht zielführend
Die geplante, vollständige Strommarktöffnung («Strommarktliberalisierung») lehnt VESE in dieser Form ab. Es sei unter anderem nicht verständlich, warum nur die Kunden der Grundversorgung ein «green default», also ein Standardstromprodukt auf inländischer, erneuerbarer Basis, bekommen sollen, nicht aber die Kunden, die zu einem anderen Stromversorger wechseln, so VESE. Dadurch werde das bisherige Prinzip, dass die Energiewende solidarisch von allen finanziert wird, aus den Angeln gehoben. Auch sei zu befürchten, dass ein Stromversorger in seinem Versorgungsgebiet Nachteile erleiden wird – denn Stromversorger ausserhalb dieses Versorgungsgebiets können mit sehr günstigen Strompreisen – beispielsweise aus ausländischer Kohlestromproduktion – werben. Der Grundversorger kann diese Preise nicht konkurrenzieren. VESE fordert deshalb eine Gleichbehandlung aller Stromversorger bezüglich der zu liefernden Standard-Stromqualität, ob sie nun den freien Markt bedienen oder die Grundversorgung.
Zusammengefasst wird aus Sicht VESE die geplante Form der Strommarktöffnung nicht helfen, die notwendige Energiewende zu beschleunigen, bestenfalls wird sie diese nicht ausbremsen. Nach Ansicht von VESE führen andere Instrumente, welche pragmatischer, einfacher und leichter erklärbar sind als die vollständige Marktöffnung, eher zum Ziel einer dekarbonisierten Schweiz.