Der Bundesrat hat zur Änderung der Stromreserve, ein Bestandteil des Stromversorgungsgesetzes (StromVG), eine Vernehmlassung eröffnet. Die SSES schliesst sich der Haltung der Umweltallianz an: Diese Gesetzesrevision fokussiert zur Sicherung der Stromreserve stark auf den Ausbau fossiler Kraftwerke. Die SSES lehnt die vorgeschlagene Gesetzesrevision zur Stromreserve ebenfalls mehrheitlich ab, weil diese reine «Versicherungslösung» dem Betrieb fossiler Kraftwerfe und WKK-Anlagen Tür und Tor öffnen würde. Die Klimakrise erlaubt es nicht, weiterhin in fossile Kraftwerkinfrastruktur zu investieren.
Die SSES ist einverstanden, dass die Stromversorgungssicherheit ein hohes Gut ist und dass die Möglichkeit, die Importfähigkeit ab 2026 einzuschränken, entsprechenden Handlungsbedarf auslöst. Eine Präzisierung des Gesetzestextes sollte ausserdem dazu führen, dass Ausschreibungen für Wasserreserven und Fossilkraftwerke nicht mehr ad hoc mit hohen Folgekosten an die Stromkonsumierenden weitergeleitet würden. Jedoch sollten die weiteren Optionen geprüft und überarbeitet werden. Ende Juli 2023 wurden neue Abschätzungen zur Versorgungssicherheit von Swissgrid und Elcom publiziert. Aus der Vergangenheit wissen wir, dass sich solche Studien – je nach verwendeten Modellen und Annahmen – stark unterscheiden können. Um eine robuste Entscheidungsgrundlage zu haben, ist es deshalb notwendig mindestens eine weitere unabhängige Studie durchzuführen um die Evidenz zu bestätigen. Nur so kann eine Beurteilungsgrundlage für die Robustheit und Resilienz verschiedener Handlungsoptionen geschaffen werden. Der Bundesrat hat de facto einzig die Option neuer fossiler Reservekraftwerke für eine weitergehende Ausarbeitung in Auftrag gegeben. Alle anderen Optionen wurden nicht im Detail ausgearbeitet. Diese einseitige Vorgehensweise ist nicht nur störend, sondern widerspricht den Klimazielen der Schweiz. Wir fordern deshalb den Bundesrat auf, sämtliche Optionen so weit ausarbeiten zu lassen, dass Vor- und Nachteile inkl. Machbarkeit beurteilt und abgewogen werden können.
Die grössten Probleme des Vorschlags sind:
- Der Nutzen für die sichere Energieversorgung bleibt schwammig und hypothetisch und der tatsächliche Bedarf ist unzureichend begründet.
- Es bleibt rechtlich unklar, wann und durch wen der Abruf fossiler Reservekraftwerke eingeleitet werden kann. Während bei der Wasserkraftreserve das Nicht-Schliessen der Märkte am Vortag als klares Kriterium formuliert wurde, fehlt dieses für andere Stromerzeuger.
- Die möglicherweise günstigeren Möglichkeiten, sich gegen denkbare aber unwahrscheinliche Ereignisse abzusichern, müssten prioritär behandelt und mit den nötigen Rahmenbedingungen ausgestattet werden. Dazu gehört die Verzichtsplanung industrieller Betriebe und die Nutzung der Leistung von bis zu 6 GW bei bereits
installierten Notstromaggregaten. - Die bereits parallel erfolgte Ausschreibung von 400 MW thermischer Kraftwerksleistung zeigt, dass der Bundesrat nicht gewillt ist, andere Optionen zu verfolgen, weshalb diese Alternative zurückgebunden werden muss.
- Für die schnelle Dekarbonisierung ist es wichtig und volkswirtschaftlich wünschenswert, wenn die Strompreise nicht durch unnötig teure Massnahmen weiter erhöht werden.
- Jede Fachkraft, die neue fossile Infrastruktur aufbaut, statt die Energiewende voranzutreiben, fehlt bei der Bewältigung zukünftiger Lösungen im Energiebereich. Für Parallelstrategien fehlen sowohl die Fachkräfte als auch die Zeit.
Wir wünschen uns, dass die oben genannten Abklärungen und Präzisierungen gemacht werden und in eine verbesserte Version einfliessen. Aufgrund dieses grossen und notwendigen Überarbeitungsbedarfs verzichten wir auf Anträge zu textlichen Änderungen des Gesetzestextes.
Hier finden Sie zu unserer ausführlichen Vernehmlassungsantwort zur Stromreserve.