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Trotz Bedarf: Hafner gibt es immer weniger

Der Geschäftsführer von Feusuisse, Corsin Farrér, ist sicher, dass der Holzenergie und somit der Hafnerbranche eine wichtige Rolle bei der Energiewende zukommt. Doch die wirtschaftliche Lage ist angespannt: Die Zahl der Hafner nimmt immer mehr ab, der Nachwuchs muss dringend gefördert werden.

Text: Andrea Holenstein

Alte Kachelöfen sind seine Leidenschaft

«Als ich vor bald 20 Jahren eine Lehr­ stelle suchen sollte und nicht so genau wusste, wohin es mich zog, sagte ein Kol­lege von mir, ich solle doch mal bei sei­nem Vater, der Ofenbauer war, schnup­pern», erzählt Matthias Gerber. Und so fand er eine Arbeit, die ihn bis heute aus­ füllt und begeistert. «Es braucht viel räumliches Vorstellungsvermögen, um einen Ofen zu bauen, und man darf na­türlich keine Angst vor Dreck haben», meint er lachend. Seit 2013 ist Gerber selbstständiger Ofenbauer. Gerade ist er dabei, Pläne für einen neuen Ofen zu zeichnen. «Der aktuelle Ofen ist ein mo­derner mit einer Scheibe, welche die Sicht auf das Feuer freigibt, aber trotzdem mit einem gemütlichen Ofenbänkli», berichtet er. Die Pläne für jeden Ofen müssen aller­dings zuerst von der Feuerpolizei abge­nommen werden. Hat der Kunde dann Material, Form und Farbe des Ofens aus­ gewählt, kann der Ofenbau beginnen. «Besonders anspruchsvoll ist die Renova­tion eines klassischen Kachelofens», er­zählt Gerber, «da müssen die wärme­ speichernden Schamottesteine ganz ex­akt auf Mass geschnitten werden.» Bei besonders wertvollen Öfen ist die Zusam­menarbeit mit der Denkmalpflege nötig. «Junge trauen sich dieses langsame, ge­naue Arbeiten wohl nicht mehr zu und wählen darum den Hafnerberuf eher sel­ten», vermutet Matthias Gerber. Doch für ihn ist genau diese heikle Arbeit, das Prö­beln, bis die Kacheln beim Einsetzen zu­einanderpassen, seine Lieblingsaufgabe. Und natürlich gehe nichts über die woh­lige Wärme, die so ein Speicherofen ab­gebe. Wer wollte da widersprechen?

«Wir haben stürmische Zeiten: einen schrumpfenden Markt, einen starken Franken und immer mehr Mitbewerber aus dem grenznahen Raum», umreisst Corsin Farrér, Geschäftsführer des Ver­bandes Feusuisse, die Situation des Hafnergewerbes in der Schweiz. Weiteres Kopfzerbrechen bereiten ihm Informa­tionslücken bei Fertigbauern, Architekten und Fachplanern, der Lehrlingsmangel sowie zahlreiche Firmenschliessungen. Farrér hat die Geschäftsleitung von Feu­suisse vor vier Jahren übernommen. Ge­gründet wurde der Verband unter dem Namen Schweizerischer Hafnermeister­verband (SHV) 1898 in einer ähnlich schwierigen wirtschaftlichen Situation. Heute sind ausser den Ofenbauern – den Hafnern – auch das Plattengewerbe sowie die Abgasanla­genunternehmen darin organisiert.

Doch Corsin Farrér belässt es nicht beim Klagen, er will Probleme lösen. Um her­ auszufinden, wie gross das Interesse der Endkunden an Holzheizungen ist, um In­formationslücken zu schliessen und um für die Branche zu werben, hat Feusuisse unter seiner Leitung 2016/17 die Kampa­gne «Faktenfeuer / Facteur feu» lanciert. Im Rahmen der Kampagne wurden Mieter und Hauseigentümer unter anderem dazu befragt, wofür sie bereit wären, mehr (Miete) zu bezahlen: für einen hauseige­nen Wellnessbereich oder für ein Chemi­née beziehungsweise einen Holzofen. Die Antwort war deutlich: Die Mehrheit wählte das Feuer.

Hafner suchen Nachwuchs

Mit einem Nachwuchsförderungskonzept bemüht sich Feusuisse darum, den Ofen­bauerberuf bekannter und wieder attrakti­ver zu machen. «Gelingt es mit dem Kon­zept nicht, die Lernendenzahlen anzuhe­ben, steht der Beruf vor dem Aus, weil die verbandseigene Fachschule nicht länger finanziert werden kann. Ausserdem kön­nen momentan nicht annähernd genug Fachkräfte für die Branche ausgebildet werden», erklärt Farrér die schwierige Lage. Die Branche sei überaltert, fügt er hinzu, und nur etwa ein Drittel der Hafner sei im Verband organisiert. «Da wurde in der Vergangenheit einiges versäumt, und manche der heutigen Probleme sind leider hausgemacht», erklärt Farrér.

Vermeiden oder richtig entsorgen

Holz ist nicht nur heimelig, sondern auch ein nachwachsender, lokaler Rohstoff, der ausserdem CO2­neutral ist, und somit ein wichtiger, zukunftsfähiger Energieliefe­rant. Allerdings fallen beim Verbren­nungsprozess Schadstoffemissionen und Abfälle an, auf deren Vermeidung bezie­hungsweise sachgerechte Entsorgung ge­achtet werden muss: Asche und Feinstaub. Gerade bei älteren Holzheizungen kann vor allem der Feinstaub ein Problem sein. Auch Farrér ist es ein Anliegen, dass «to­tal veraltete Heizanlagen im Wohnbereich und ‹alte Dreckschleudern› möglichst rasch ersetzt werden». Doch auch bei mo­dernen kleinen Öfen und Cheminées fällt Holzasche an. Gemäss Empfehlungen des Bundesamtes für Umwelt (BAFU) soll diese mit dem Hauskehricht in einer Keh­richtverbrennungsanlage entsorgt wer­den. Asche stellt also bei sorgfältigem Umgang kein Problem dar. Doch wie steht es mit dem Feinstaub, der bei der Holzverbrennung ebenfalls ent­steht? Gelangen die feinen Partikel in die Luft, können sie Krankheiten wie Entzün­dungen der Atemwege und der Lunge, Bronchitis und Asthmaschübe verursa­chen.

Strengere Kontrollen

Nun soll gehandelt werden: 2018 trat die neue Luftreinhalteverordnung (LRV) in Kraft. «Vorher war die Gesetzgebung ins­ besondere für Holzöfen mit einer Leistung unter 70 kW nicht griffig und hatte Lü­cken», erklärt Arthur Kasper, technischer Berater und Fachlehrer beim Verband Feusuisse. Und unter 70 kW Leistung fal­len insbesondere Öfen und Cheminées, die im privaten Wohnraum eingesetzt werden. Hier wurden bisher Kontrollen im Bereich Holzqualität, Feuerraum und Asche ge­macht. Die neue Verordnung ist nun auch im privaten Bereich viel strenger gewor­den: Bei Heizkesseln unter 70 kW soll in Zukunft gemessen werden. Wohnraum­feuerungen bleiben von den Messungen ausgenommen, dort wird weiterhin eine Sichtkontrolle durchgeführt. Für das Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft (AWEL) im Kanton Zürich ist die neue LRV «ein Schritt vorwärts», so Urs Eggen­berger, der unter anderem für die Emis­sionskontrolle im Kanton Zürich zustän­dig ist. Und er fügt an: «Die grossen, auto­matischen Holzfeuerungen ab 70 kW ha­ben wir im Griff, hier wird schweizweit seit Längerem gemessen, und die Vorga­ben sind gesetzlich geregelt.» Neu bei den grossen Anlagen ist hinzugekommen, dass ein Wärmespeicher vorgeschrieben ist. So werde nicht nur die Wärme effizienter ge­nutzt, sondern es entstünden auch weni­ger Emissionen, wenn weniger oft ange­feuert werden müsse, sagt Eggenberger.

Neue Luftreinhalteverordnung

Urs Eggenberger fasst die momentane Si­tuation beim Vollzug der LRV wie folgt zusammen: «Wir sind dabei, in der ganzen Ostschweiz die Bestandesaufnahme der Holzheizungen unter 70 kW zu vervoll­ständigen. Die Kontrollen werden voraus­ sichtlich in der Saison 2020/21 anfangen.» Geplant ist, dass dann innerhalb von vier Jahren in der Ostschweiz alle Kontrollen durchgeführt werden. Wo nötig, muss da­ nach innerhalb einer Frist von fünf bis zehn Jahren saniert werden. Der Vollzug der LRV liegt im Kanton Zürich bei den Städten und Gemeinden, welche die Mes­sungen allerdings auch delegieren kön­nen. Das AWEL unterstützt die Gemeinden bei dieser Arbeit und sorgt dafür, dass der Vollzug über den ganzen Kanton einheit­lich erfolgt.

«Holz ist unabdingbar»

«Ein Feuer ist ein Erlebnis, das alle Sinne anspricht: sehen, riechen, hören und die wohlige Wärme spüren», kommentiert Farrér das eingangs erwähnte positive Umfrageergebnis bezüglich Holzofen­ oder Cheminéewunsch. Dass Holzöfen in der Schweiz noch viel Potenzial haben, steht für Farrér deshalb ausser Frage. «Zu­ dem ist für die Energiewende der erneuer­bare, CO2­neutrale Energielieferant Holz unabdingbar», fügt er hinzu.

www.feusuisse.ch
www.faktenfeuer.ch
www.lerneofenbauer.ch
Warum mit Holz heizen?