Im Dezember 2017 hatte das Parlament das Bundesgesetz über den Um- und Ausbau der Stromnetze angenommen («Strategie Stromnetze»). Dieses umfasst Teilrevisionen des Elektrizitätsgesetzes und des Stromversorgungsgesetzes. Am 3. April verabschiedet treten das Bundesgesetz und die Verordnungen per 1. Juni 2019 in Kraft. Einige wenige Bestimmungen werden erst per Juni 2020 beziehungsweise Juni 2021 in Kraft gesetzt.
Pressedienst/Redaktion
Im Schweizer Übertragungsnetz bestehen heute Engpässe. Durch den stockenden Netzausbau könnten sich diese weiter verschärfen. Zudem steigen durch die zunehmend dezentrale Energieversorgungsstruktur die Anforderungen an die Verteilnetze und an das Zusammenwirken von Übertragungsnetz und Verteilnetzen. Eine Optimierung, rasche Entwicklung und Flexibilisierung des Stromnetzes ist angesichts dieser Herausforderungen unabdingbar. Das Parlament hat deshalb im Dezember 2017 das Bundesgesetz über den Um- und Ausbau der Stromnetze verabschiedet. Es wurde kein Referendum dagegen ergriffen.
Anpassungen gegenüber dem Vernehmlassungsentwurf
Der Bundesrat hat das Gesetzes- und Verordnungspaket zur «Strategie Stromnetze» an seiner Sitzung vom 3. April 2019 mit wenigen Ausnahmen per 1. Juni 2019 in Kraft gesetzt.
Mehrkostenfaktor (MFK)
Gemäss Elektrizitätsgesetz müssen Leitungen mit einer Spannung von unter 220 kV verkabelt werden, soweit dies technisch und betrieblich möglich ist. Die Gesamtkosten einer Verkabelung dürfen aber im Vergleich zu einer Freileitung nur um einen bestimmten Faktor höher sein. Der Bundesrat legt den MKF in der Leitungsverordnung fest. Der vorgeschlagene MFK von 1,75 wurde in der Vernehmlassung mehrheitlich als zu niedrig beurteilt. Er wird deshalb auf 2,0 festgelegt. Auf normale Haushaltanschlüsse steigen die Netzkosten dadurch um weniger als 0,5 Rappen pro Kilowattstunde. Die MKF-Bestimmungen treten per 1. Juni 2020 in Kraft, um den Abschluss weit fortgeschrittener Projekte noch unter heutigem Recht zu ermöglichen.
Mehrjahrespläne
Die andere Ausnahme betrifft die Bestimmung zu den Mehrjahresplänen. Künftig wird der Bund einen energiewirtschaftlichen Szenariorahmen erarbeiten, der den Netzbetreibern als Grundlage für ihre Mehrjahrespläne für die Entwicklung der Stromnetze dienen wird. Der erste Szenariorahmen wird voraussichtlich 2021 vorliegen. Deshalb treten die neuen Bestimmungen zu den Mehrjahresplänen erst per Juni 2021 in Kraft.
Intelligente Messsysteme
Mit dem Ausbau der dezentralen Stromproduktion wird die zur Aufrechterhaltung der Netzstabilität erforderliche Steuerung von Erzeugung und Verbrauch anspruchsvoller und erfordert eine zunehmende Digitalisierung. Dazu tragen intelligente Messsysteme erheblich bei. Einige Verteilnetzbetreiber haben aus eigener Initiative mit der Einführung intelligenter Messsystemen begonnen. Diese entsprechen jedoch teilweise nicht vollumfänglich den neuen gesetzlichen Vorschriften. Im Sinne des Vertrauens- und Investitionsschutzes sehen die neuen Bestimmungen der Stromversorgungsverordnung deshalb vor, dass diese Messsysteme weiterhin eingesetzt werden dürfen. Bedingung ist, dass deren Beschaffung vor dem 1. Januar 2019 initiiert wurde und sie gewissen technischen Mindestanforderungen genügen. Auch für die Datensicherheitsprüfung wurde ein Aufschubtatbestand eingeführt. Im Rahmen des Zumutbaren sollten die Netzbetreiber aber darauf Acht geben, dass die betreffenden Messsysteme so bald wie möglich auf den aktuellen Stand der Anforderungen an Technik und Sicherheit gebracht werden.
Sonderregeln zu Artikel 6 des Stromversorgungsgesetzes
Dieser Artikel erlaubt, dass inländischer erneuerbarer Strom bis zum Auslaufen der Marktprämie für Grosswasserkraft im Jahr 2022 zu Gestehungskosten (abzüglich Förderbeiträgen) und ohne Anwendung der Durchschnittspreismethode in die Grundversorgungstarife eingerechnet werden darf. In vielen Stellungnahmen wurde gefordert, den administrativen Aufwand für die Ermittlung der Gestehungskosten und den Abzug von Förderbeiträgen bei Klein- und Kleinstanlagen zu reduzieren. Dieses Anliegen wurde berücksichtigt und entsprechende Vereinfachungen für Elektrizität aus Klein- und Kleinstanlagen eingeführt.
Speicherbegriff
Mit der Verabschiedung des Bundesgesetzes über den Um- und Ausbau der Stromnetze wurde erstmals der Begriff des Speichers explizit ins Gesetz (Artikel 17a und 17b StromVG) aufgenommen. Der Vernehmlassungsentwurf sah vor, den Begriff «Endverbraucher» unter Einbezug des Speichers zu konkretisieren. Dieser Vorschlag wurde jedoch überwiegend abgelehnt, weshalb darauf vorläufig verzichtet wird. Die Frage soll jedoch im Rahmen der laufenden Revision StromVG erneut geprüft werden.