Auch mit 75 Jahren hat Max Meyer, Leiter des Projekts «Solarbauern» der SSES, von der Solarenergie noch längst nicht genug. Als promovierter Ökonom ist es ihm seit rund 15 Jahren ein Anliegen, dass Solarenergie nach wirtschaftlich erfolgsversprechenden Kriterien eingesetzt wird. Brachliegendes Solar-Potenzial ist ihm ein Dorn im Auge und sein Ziel wäre es, dass Solarenergie ohne Subventionen auskommt.
Andrea Holenstein
Max Meyer, Leiter des SSES-Projekts «Solarbauern»
Max Meyer wurde 1944 in Zürich geboren, wo er aufwuchs und die Schulen besuchte. Er schloss mit einem Handelsdiplom ab und absolvierte anschliessend ein Praktikum in einer Bank. Der zweite Bildungsweg führte ihn über die Matura an die Hochschule St. Gallen HSG, wo er das Wirtschaftsstudium absolvierte und anschliessend mit einer bankwissenschaftlichen Dissertation promovierte. Als Assistent unterrichtete er an der HSG unter anderem im Bereich Geldpolitik. Später übte er verschiedene Tätigkeiten in Verwaltung, Bank und Verbandswesen aus. Bis zur Pensionierung war er Direktor des heutigen Schweizerisch-Liechtensteinischen Gebäudetechnikverbandes suissetec, (früher SSIV). In seiner Freizeit verfasst Max Meyer Bücher zu Wirtschaftsfragen, aber auch zu anderen Themen, so unter anderem die Biographie über das Leben des Gründers des Dinosauriermuseums in Aathal, Hans-Jakob Siber.
Warum ist Solarenergie für Sie zentral und seit wann?
Energiefragen waren für mich bereits im Studium wichtig, aber eher generell, im Sinne eines effizienten Einsatzes der Ressourcen. Ich lernte bei Professor Hans-Christoph Binswanger an der Hochschule St. Gallen, dass unser Wohlstand auf dem Ersatz der Muskelenergie durch Fremdenergie basiert. Und natürlich ist es sinnvoll, diejenige Energie zu nutzen, welche gratis von der Sonne kommt.
War die Nutzung von Solarenergie zum Zeitpunkt Ihres Studiums schon eine verbreitete Idee?
Nein, das war etwa 1970 und Solarpioniere hielt man damals für Sandalen tragende, linke Sonnenanbeter.
Sie haben sich nach dem Studium allerdings zuerst auf den Weg gemacht, der vom Ökonomie-Studium an der Hochschule St. Gallen her vorgezeichnet war?
Ja, ich war lange Zeit im Bereich Wirtschaft, in der Verwaltung, im Bank- und Verbandswesen tätig.
Warum hat Sie später – nach der Pensionierung – gerade die Solarenergie auf Bauernhöfen interessiert?
Die Anwendung der Solarenergie muss – basierend auf den grundlegenden wirtschaftlichen Gesetzmässigkeiten – dort eingesetzt werden, wo sie am besten genutzt werden kann. Viele Bauernhöfe haben grosse, nutzbare Dächer und oft einen guten Standort. Dazu kommt, dass im Gegensatz zu Wohnhäusern aufgrund der grösseren Dachflächen ein Skaleneffekt erzielt werden kann. Je grösser eine Anlage, desto kleiner werden die Kosten pro Einheit. Allerdings musste beim System der Einspeisevergütung berücksichtigt werden, dass die Entschädigungsskala degressiv verlief. Da bei Bauernhöfen – zumindest bis zu den neuen Vorschriften zum Eigenverbrauch – meist grosse Flächen eingedeckt wurden, spielte das Gesetz der abnehmenden Kosten pro installierte Einheit.
Das Thema Fördergelder ist kein einfaches. Können Sie deren Entwicklung auf das Projekt «Solarbauern» seit Beginn kurz darlegen?
Die Limitierung der Fördergelder im Verhältnis zur Nachfrage war schlicht und einfach erschreckend und die finanziellen Kriterien änderten sich immer wieder. Es gab Zusagen, aber es kam kein Geld. Lange Zeit musste der ganze physische Ertrag, der Strom, ins Netz eingespeist werden. Es gab einen Zähler für den Strombezug und einen für die Einspeisung. Erst spät wurde das Schwergewicht verlagert, sodass der Strom ab Dach nun zuerst für den eigenen Energieverbrauch zu nutzen ist. So kann sich der Eigenverbrauch im Verhältnis zum externen Strombezug durchaus lohnen, aber die überschüssige Energie muss zu kaum kostendeckenden Bedingungen eingespeist werden. So geht die Chance verloren, die Gesamtstromproduktion durch Solarenergie zu erhöhen. Und dieses System bestraft im Grunde genommen heute Investoren, welche grössere Flächen für Solarenergie nutzen könnten.
Doch das Projekt «Solarbauern» war und ist trotzdem erfolgreich. Was ist das Geheimrezept dafür?
Landwirte sind bezüglich Neuerungen eher zurückhaltend. Wir haben Solarfirmen als Partner eingebunden und gemeinsam Informationsveranstaltungen durchgeführt. Werbung war dabei allerdings tabu, es ging um Wissensvermittlung und Überzeugungsarbeit. So konnten wir viele Bauern Schritt für Schritt für die Solarenergie gewinnen, indem wir ihnen erfolgreiche, innovative Projekte vorgestellt haben.
Was konnte das Projekt Solarbauern bis heute bewirken?
Eine reine Betrachtung, was das Projekt «Solarbauern» bewirkte, kann man ehrlicherweise nicht anstellen, da es Akteure mit ähnlichen Zielen gibt und sowohl Bundesstellen als auch kantonale Ämter viel Überzeugungs- und Unterstützungsarbeit leisten. Wichtig ist für mich, dass das Konzept gut angekommen ist, Nachahmer fand und auch alle Sprachregionen ausser das Tessin einbezogen wurden. Natürlich gab und gibt es inzwischen viele weitere Informationsmöglichkeiten zum Thema Solarenergie. Hervorzuheben ist vor allem die Bedeutung der Fachfirmen und insbesondere auch der landwirtschaftlichen Schulen bei der Verbreitung von Wissen. Und wenn Interessenten auf dem Bauernhof ihrer Kollegen mit eigenen Augen eine gut funktionierende Anlage sehen, so ist dies bestimmt die beste Referenz für die Solarenergie. Persönlich habe ich bei meiner Arbeit viel Schönes erlebt und war von den positiven, offenen Reaktionen der Bauern immer wieder begeistert. Auch seitens der Politik bekam das Projekt viel Unterstützung, konnte ich doch für unsere Tagungen immer wieder Spitzenpolitikerinnen und -politiker aus den verschiedensten politischen Lagern gewinnen. Dass es an den Tagungen nicht immer zu einem Grossaufmarsch von Interessenten kommt, muss man hinnehmen. Insgesamt würde ich dieses Projekt auf jeden Fall nochmals starten. Pensionierte sollen ihr Wissen und Können nicht einrosten lassen.
Was gibt es weiterhin zu tun?
Es geht darum, dass die Energiestrategie 2050 umgesetzt werden kann und so die Energiewende in der Schweiz gelingt. Dies ist nur möglich, wenn bei den neuen erneuerbaren Energien das Schwergewicht auf die Solarenergie gelegt wird. Wichtig wäre, dass man vermehrt diejenigen informiert, welche als Investoren, beziehungs- weise Bauherren, von Solaranlagen in Frage kommen. Ein nützliches Instrument dazu sind – möglichst flächendeckende – Solarkataster. Hier könnten die Gemeinden aktiver werden und Eigentümer von Dächern mit Solarpotenzial anschreiben und sie beispielsweise bei Fragen des Denkmalschutzes beraten. Am wichtigsten aber ist es, dass die Förderpolitik verstetigt wird. Planbarkeit dank stabilen Rahmenbedingungen ist ausschlaggebend, nicht zuletzt, weil Solarinvestitionen Generationeninvestitionen sind. Die Mittel sind aufzustocken, aber an klare Bedingungen zu knüpfen, wobei die Kosten-Nutzen-Überlegungen überwiegen müssen. Grundsätzlich sollte es möglich sein, dass die Solarenergie aufgrund der Abnahme der Kosten durch einen verbreiteten Einsatz von Solartechnologie in naher Zukunft auch ohne Subventionen auskommt.
Was sind Ihre persönlichen Pläne?
Ich bin nun 75 Jahre alt. Ich möchte noch einige weitere Veranstaltungen organisieren und dabei zwar weiterhin die Landwirte im Fokus haben, darüber hinaus aber auch die lokalen Hauseigentümer. Die inhaltlichen Schwerpunkte dieser Veranstaltungen möchte ich noch vertieft mit Spezialisten besprechen, aber bestimmt muss man zeigen, wie man unter den aktuellen Bedingungen vorgehen soll, was es für eine gut funktionierende Anlage braucht, welches der Stellenwert des Eigenverbrauchs ist und dass jeweils grundsätzlich ein Gesamtenergiekonzept für ein Objekt vorliegen sollte. Wenn möglich möchte ich dazu auch Schüler und Schülerinnen einladen, damit die jungen Leute sehen, was schon alles gemacht wird, denn ich habe den Eindruck, dass hier eine grosse Wissenslücke besteht.