Die Biodiversitäts- und die Klimakrise sind die grössten menschgemachten Bedrohungen für unsere Lebensgrundlage. Die beiden Krisen verstärken sich gegenseitig und der Mensch befindet sich mittendrin. Gehen wir beide Krisen gemeinsam an, führen wir eine Win-Win-Situation herbei. Wir, das sind die Schweizer Gesellschaft, die Wirtschaft und die Politik. Eine sichere Schweizer Energieversorgung bis 2035 ist machbar.
Pressedienst/Redaktion
Täglich sterben weltweit bis zu 150 Tier- und Pflanzenarten aus. Tödliche Hitzewellen und Brände häufen sich. «Die Biodiversitätskrise und die Klimakrise sind die grössten menschgemachten Bedrohungen für unsere Lebensgrundlage. Sie zu schützen, bedeutet auch, uns selbst zu schützen», sagte Thomas Vellacott, Geschäftsleiter des WWF, an der heutigen Medienkonferenz. Dafür braucht die Schweiz eine weitsichtige Schweizer Energieversorgung, welche bis 2035 netto keine CO2-Emissionen mehr in die Atmosphäre ausstösst. Und einen achtsamen Umgang mit den Lebensräumen von tausenden Tier- und Pflanzenarten. «Gut geplant ist es ein Gewinn für Klima und Biodiversität», sagte Vellacott. Die Lösungen liegen auf der Hand.
Energie einsparen und effizient nutzen
Nutzen wir die Energie effizienter und gehen wir sparsamer damit um, reduzieren wir unseren Gesamtenergieverbrauch bis 2035 um 41 Prozente. Das ist billig, produziert kein CO2 und belastet die Umwelt in keiner Weise. «Es ist Zeit, mit Energieverschwendung Schluss zu machen», sagte Anders Gautschi, Geschäftsführer VCS. «Mit Mobility haben wir ein Paradebeispiel dafür, wie der Umstieg auf E-Autos kombiniert mit einem Car-Sharing System den Energieverbrauch stark reduzieren kann.»
Sonnenpower macht es möglich
Ein rascher Ausbau der Fotovoltaik auf bestehender Infrastruktur sorgt dafür, den steigenden Strombedarf zu decken. «Lieber Strom vom Dach als ein trockener Bach», sagte Iris Menn, Geschäftsleiterin von Greenpeace. Wie das geht, zeigt eine Anlage auf der Lärmschutzwand der Forchautobahn bei Zumikon. Im Wallis und im Knonauer Amt sind noch viel grössere Anlagen in Planung. Zum Schutz der Biodiversität ist es besser, Solaranlagen auf bestehenden Bauten, Anlagen und versiegelten Flächen zu realisieren. «Die gesetzlichen Regelungen müssen diesen Flächenkategorien klaren Vorrang einräumen, sodass sie mittelfristig zwischen 80 und 90 Prozente des Zubauvolumens tragen», so Menn.
Versorgungssicherheit dank Inlandausbau
Heute sind wir zu drei Vierteln von Energieimporten abhängig. Das gefährdet die Versorgungssicherheit der Schweiz. Gemäss Berechnungen der Umweltallianz soll die erneuerbare Stromproduktion bis 2035 um zusätzliche 38 TWh ausgebaut werden. Damit wird der Nettoimport deutlich unter der von der Elcom festgelegten kritischen Grenze von 5-10 TWh gehalten. «Hier hat Inland Vorrang. Die Lösungen heissen: Ausbau der Fotovoltaik, Reduktion des Energieverbrauchs und ein bedarfsorientierter Einsatz der Speicherwasserkraft», sagte Nils Epprecht, Geschäftsleiter der SES.
Rasche Energiewende gut geplant
«Eine Energiewende mit der Brechstange ist nicht nur gefährlich, sondern auch unnötig», sagte Urs Leugger, Zentralsekretär von Pro Natura. Denn: Die Klimakrise und die Biodiversitätskrise sind zwei Seiten der gleichen Medaille. Sie sind nur gemeinsam zu lösen. Die intakte Natur dient zum Beispiel mit den Mooren als CO2-Senke und speichert grosse Mengen an Treibhausgasen. «Wenn Zielkonflikte früh angegangen, Interessen sorgfältig abgewogen und die Standorte und Projekte weitsichtig geplant werden, ist es ein Win-Win für die Natur und die Energieversorgung», sagte Leugger. Eine solche übergeordnete Planung ist beispielsweise beim Schutz und Nutzungskonzept für Erneuerbare Energien (SNEE) im Kanton Uri gelungen.
Jetzt Klimainvestitionen tätigen
Heute werden rund 50 Mia. Franken pro Jahr in den Um- und Ausbau der energetischen Infrastrukturen investiert, zum Beispiel in die Installation von Wärmepumpen, Ladestationen für E-Autos oder Fotovoltaik-Anlagen auf den Dächern. Um das Netto-null-Ziel bis 2035 zu erreichen, müssten rund drei bis vier Milliarden Franken pro Jahr zusätzlich investiert werden. «Das ist machbar und schafft neue Arbeitsplätze. Davon profitieren alle», sagte Vellacott.
Die Lösungen sind da, die Politik macht deren Umsetzung machbar
Die Umweltallianz hat vier prioritäre Bereiche für die Politik definiert. Erstens braucht es einen verbindlichen Termin für den Ausstieg aus den fossilen Energien. «Der Kanton Glarus hat uns gezeigt, dass wir uns sehr gut von Öl und Gas verabschieden können», sagte Raffael Ayé von BirdLife. Zweitens braucht es Gebote und Anreizen wie Lenkungsabgaben, die der Gesellschaft helfen, weniger Energie zu verschwenden. «Eine Mehrheit der Bevölkerung ist für eine Flugticketabgabe», so Ayé. Drittens soll ein Solar-Standard für Gebäude eingeführt werden. Dieser soll für Gebäude eine maximale Belegung geeigneter Dächer mit Photovoltaik vorschreiben. «Schliesslich ist es wichtig, dass die Politik die Klima- und Biodiversitätskrise als zwei gleichwertige, sich gegenseitig verstärkende Krise anerkennt – nur so kommen wir rasch voran».
Auf dieser Website können alle Faktenblätter und das Flyer heruntergeladen werden.