Gemäss der am 13. Juli vom BFE veröffentlichten «Statistik Sonnenenergie» für das Jahr 2022 ist der Photovoltaikzubau in der Schweiz gegenüber dem Vorjahr um 58% auf einen neuen Rekordwert von 1083 Megawatt angestiegen. Insgesamt waren per Ende 2022 in der Schweiz Solarpanels mit einer Leistung von 4,74 Gigawatt installiert, die im Jahresverlauf fast 7% des Schweizer Strombedarfs abdeckten
Text: Swissolar
Der Ukrainekrieg hat das Bedürfnis nach einer sicheren und bezahlbaren Energieversorgung massiv gesteigert, was im vergangenen Jahr zu vollen Auftragsbüchern bei den Solarinstallationsbetrieben führte. Engpässe bei Fachkräften und blockierte Lieferketten erschwerten die Arbeit. Dennoch übertraf das eingetretene Marktwachstum die Prognosen.
Wachstum in allen Marktsegmenten
Die neu installierte Photovoltaikleistung stieg gegenüber 2021 um 58% auf den neuen Rekordwert von 1083 Megawatt, womit das Wachstum der beiden Vorjahre (rund 45%) nochmals deutlich übertroffen wurde. Pro Kopf entspricht der Zubau im letzten Jahr etwa einer Fläche von 0,6 Quadratmetern. Die gesamte installierte Leistung lag zum Jahresende bei 4730 Megawatt. Die Jahresproduktion lag bei 3858 Gigawattstunden, was in etwa dem Jahresverbrauch von 1,2 Millionen 4-Personen-Haushalten oder der Hälfte der Jahresproduktion des AKW Gösgen entspricht. Der Anteil der Solarstromproduktion am Stromverbrauch der Schweiz lag 2022 bei 6,76% (2020: 4,89%). Im laufenden Jahr wird die Solarenergie sogar über 8% des Bedarfs liefern.
Ein gegenüber dem Vorjahr verstärktes Wachstum liess sich in allen Grössenkategorien und Anwendungsbereichen feststellen. Es wurden rund 43 000 neue Anlagen gebaut, mit einer Durchschnittsleistung von 25,2 Kilowatt (unverändert gegenüber dem Vorjahr, entspricht rund 125 m²). «Photovoltaik ist in jeder Grösse einsetzbar, von der Balkonanlage über Dächer von Gewerbebetrieben bis zu alpinen Grossanlagen. So können viele Akteure in kurzer Zeit ihren Beitrag zur Energiewende leisten», kommentiert David Stickelberger, Leiter Markt und Politik von Swissolar.
2,4 Milliarden Franken umgesetzt
Engpässe bei Komponenten und Personal haben zu vorübergehenden Preiserhöhungen bei PV-Anlagen von durchschnittlich 12% geführt. Die Branche erwirtschaftete bei Planung und Installation der Anlagen einen Umsatz von rund 2,4 Milliarden Franken. Die gestiegene Nachfrage sorgte für rund 3500 zusätzliche Arbeitsplätze.
Nachfrage nach Batteriespeichern bleibt Gross
Die Anzahl neu installierter Batteriespeicher hat sich gegenüber dem Vorjahr mehr als verdoppelt. Die durchschnittliche Speicherkapazität wuchs deutlich, von 12 auf fast 15 Kilowattstunden. Rund jede dritte neue Photovoltaikanlage auf einem Einfamilienhaus wurde mit einem Batteriespeicher kombiniert. Allerdings fehlte dabei teilweise das Bewusstsein, dass eine Batterie nur mit entsprechenden Zusatzvorrichtungen für den Fall eines Stromunterbruchs einsatzfähig ist. Die gesamthaft installierte Speicherkapazität lag per Jahresende bei 327 000 Kilowattstunden – damit könnten 35 000 Haushalte einen Tag lang mit Strom versorgt werden. Die bevorstehende Einführung des bidirektionalen Ladens von Elektrofahrzeugen dürfte das Marktwachstum bei Batteriespeichern etwas bremsen, weil in vielen Fällen die Autobatterie als Zwischenspeicher für Solarstrom eingesetzt werden kann.
Weltweit wurden im vergangenen Jahr 239 Gigawatt PV-Leistung installiert, 42% mehr als im Vorjahr. Der Photovoltaikboom ist somit in vielen Ländern rund um den Globus Realität. Letztes Jahr wurden 1289 Terawattstunden Solarstrom produziert, was etwa der Stromproduktion von 160 AKW der Grösse Gösgens entspricht. Gemessen an der pro Kopf installierten Photovoltaikleistung liegt die Schweiz mit 535 Watt weltweit an 9. Stelle.
Weiterer Rückgang bei der Solarthermie
Bei den Kollektoranlagen zur Nutzung der Solarwärme wurde ein leichter Rückgang der Verkaufszahlen verzeichnet, um knapp 9%. Alle Marktsegmente waren davon betroffen. Swissolar sieht jedoch ein beträchtliches Potenzial bei Grossanlagen, insbesondere in Kombination mit Wärmeverbünden zur Einsparung von Holz oder bei der Erzeugung industrieller Prozesswärme. Zur Ausschöpfung dieser Potenziale braucht es jedoch deutlich verbesserte Rahmenbedingungen, insbesondere bei der Förderung (Klärung der Zuständigkeiten zwischen Bund und Kantonen) sowie der Bewilligungspraxis.
Solarlehre startet
Das starke Wachstum in der Solarbranche schafft Arbeitsplätze in der Schweiz: Stand heute zählt Swissolar erstmals in seiner 45-jährigen Geschichte über 1000 Mitglieder mit insgesamt über 10 000 Mitarbeitenden. Um die Ziele des klar angenommenen Klimagesetzes erreichen zu können, benötigt die Schweiz mittelfristig jährlich weitere 1000 neue Solarfachkräfte. «Das Volk hat sich erfreulich deutlich für den Klimaschutz und den Ausstieg aus den fossilen Energien ausgesprochen. Solarenergie wird den grössten Teil des erforderlichen zusätzlichen Stroms liefern können – sowohl von Dächern und Fassaden als auch von alpinen Grossanlagen», sagte Swissolar-Präsident Jürg Grossen an der Generalversammlung von Swissolar. Dafür braucht es neben den neuen Solarlehren ein breites Angebot an Weiter- und Ausbildungen für Personal aus anderen Berufen. 2022 haben über 1140 Personen eine Aus- oder Weiterbildung von Swissolar besucht – doppelt so viele wie im Vorjahr. Das Kursangebot wird deshalb stetig ausgebaut.
2024 starten die ersten Lernenden mit den von Swissolar und dem Bildungszentrum Polybau entwickelten neuen Solarlehren. Bereits haben über 130 Betriebe angekündigt, ab 2024 Lernende auszubilden. Die Bildungsverordnung für die neuen Solarlehren tritt am 1. Oktober 2023 schweizweit in Kraft. Ab dann dürfen Lehrverträge zwischen Ausbildungsbetrieben und Lernenden abgeschlossen werden. Das erste Schuljahr startet im Sommer 2024. Schnupperlehren in den neuen Berufen werden bereits seit einigen Monaten durchgeführt. Swissolar-Vizepräsidentin Gabriela Suter dazu: «Die neuen Berufslehren wurden rasch und unbürokratisch eingeführt. Dafür gebührt unser grosser Dank den zuständigen Stellen von Bund und Kantonen, aber auch dem Bildungszentrum Polybau. Nun liegt es an der Solarbranche, diese einmalige Chance zu nutzen und attraktive Lehrstellen anzubieten.» Jugendliche und weitere Interessierte finden auf solarlehre.ch Informationen zum Beruf und eine Lehrstelle in ihrer Nähe.
Es braucht verlässliche Rahmenbedingungen
Die Politik hat erkannt, dass Solarenergie ein zentrales Element der zukünftigen Energieversorgung sein muss. Schon 2035 sollen gemäss National- und Ständerat 35 Terawattstunden Strom aus neuen erneuerbaren Energien stammen, davon der grösste Teil aus Solaranlagen – rund siebenmal mehr Solarstrom als heute. Das rasante Marktwachstum zeigt, dass die Erreichung dieses Ziels durchaus realistisch ist, zumal das «Solarexpress»-Gesetz zum beschleunigten Bau alpiner Anlagen seine Wirkung erst in den nächsten Jahren entfalten wird. Allein auf geeigneten Dächern und Fassaden könnten jährlich mehr als 70 Terawattstunden Solarstrom erzeugt werden. Damit das Wachstum weitergeht, braucht es langfristig verlässliche Rahmenbedingungen, wie sie in den Beratungen zum Bundesgesetz für eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien (Mantelerlass) vorgesehen sind. Wichtig ist, dass dieses Gesetz rasch in Kraft tritt.
Neue Berufslehren als wichtiger Schritt
Für das laufende Jahr rechnet Swissolar mit einem Photovoltaikzubau von 1300 bis 1400 Megawatt (+20–30%). Gebremst wird die Entwicklung primär durch den Fachkräftebedarf. Zum richtigen Zeitpunkt kommen deshalb die neuen Berufslehren Solarinstallateur/in EFZ und Solarmonteur/in EBA, für die ab 1. Oktober Lehrverträge abgeschlossen werden können. Die Lehrgänge beginnen im August 2024. «Die Solarbranche ist bereit, ihre eigenen Fachkräfte auszubilden. Nun braucht es ein klares Signal aus der Politik, dass die Solarenergie langfristige berufliche Perspektiven bietet», kommentiert Matthias Egli, Geschäftsführer von Swissolar. Daneben gibt es verschiedene Bildungsangebote für Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger.