SubPagesTopPicture

Riskante Betriebswiederaufnahme

Das ENSI hat am 16. Februar die Wiederinbetriebnahme des AKW Leibstadt erlaubt. Die Ursache der Oxidationschäden an den Brennelementen ist aber weiterhin nicht restlos geklärt.

Pressedienst/Redaktion

Atomexperte Stefan Füglister von Greenpeace Schweiz kommentiert wie folgt: «Das ENSI handelt gegen besseres Wissen und verstösst gegen die eigenen Grundsätze. Die Aufsichtsbehörde selbst hatte gefordert, dass eine Überhitzung der Brennelemente («kritische Siedezustände») ausgeschlossen werden können». Das ENSI hatte das Atomkraftwerk Leibstadt aufgefordert, den Reaktorbetrieb so anzupassen, «dass kritische Siedezustände im Normalbetrieb (Sicherheitsebene 1), bei Betriebsstörungen (Sicherheitsebene 2) sowie bei Auslegungsstörfällen (Sicherheitsebene 3) der Störfallkategorien 1 und 2 gemäss Verordnung des UVEK ausgeschlossen werden können.»

Bereits im Jahr 2015 wurden solche Brennelementschäden erkannt. Das ENSI gab damals trotzdem das Wiederanfahren frei. Mit den getroffenen Massnahmen glaubten sich Ensi und Leibstadt auf der sicheren Seite, um weitere Oxidationsschäden auszuschliessen. Das Gegenteil war der Fall: Im Sommer 2016 wurden erneut Schäden, sogar von grösserem Ausmass, festgestellt. «Wenn das ENSI nun wiederum ähnlich vorgeht, heisst das ein JA zum freien Experiment und ein Verstoss gegen jegliche Sicherheitsgebote», so Füglister. Die mit 16’000 Unterschriften eingereichte Petition «AKW Leibstadt soll nicht ans Netz» und die Sicherheitsbedenken in der Bevölkerung würden dadurch mit Füssen getreten.

Seit 2012 treten im AKW Leibstadt kritische Siedezustände (Dryouts) auf. Seit spätestens 2014 sind diese den Betreibern und dem Ensi bekannt. Seither fährt das AKW auf Sicht, sprich der Betreiber versucht die Dryouts im laufenden Betrieb in den Griff zu bekommen. Nur: Sämtliche bisher ergriffenen Massnahmen liefen ins Leere. Im Gegenteil: Die Dryouts häuften sich gar. Die von Betreiber und Aufsicht verwendeten Modellrechnungen, die die Effektivität der bisherigen Massnahmen hätten bezeugen sollen, erwiesen sich nachträglich als falsch.

Gemäss Ensi zeigen spezifisch auf das AKW Leibstadt zugeschnittene Modellrechnungen, dass die Integrität des AKW gewährleistet werden könne. Da bisher gemäss Ensi keine Grenzwerte überschritten wurden, sei die Wiederinbetriebnahme legal. Doch jede Modellrechnung, die die Ursachen für ein Problem nicht kennt, beruht auf unsicheren Annahmen. Nils Epprecht, SES-Projektleiter Strom & Atom kritisiert: «Das Kernenergiegesetz ist für unsere alten Reaktoren zu lasch. Es lässt zu, dass das AKW Leibstadt mit ungeklärten Problemen wieder ans Netz kann.» Die SES fordert Bundesrat und Parlament auf, das Kernenergiegesetz zu revidieren und die bestehenden Sicherheitslücken für den Weiterbetrieb des ältesten AKW-Parks der Welt zu schliessen. Ein AKW mit ungeklärtem Vorkommnis 1 auf der INES-Skala gehört nicht ans Netz.