Immer mehr Elektrizität aus dezentralen Photovoltaik- und Windenergieanlagen fliesst durch die Stromnetze. Damit die Übertragungsnetzbetreiber die Anlagen bei Bedarf steuern können, müssen Verteilnetzbetreiber bald mehr Transparenz in ihren Netzen schaffen. Das sieht in Deutschland die ab 1. Oktober 2021 geltende Neuregelung des Netzmanagements, kurz Redispatch 2.0, vor. Um die Verteilnetzbetreiber bei den geforderten Einspeiseprognosen zu unterstützen, hat das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) das Werkzeug «GridSage» entwickelt.
Pressedienst/Redaktion
Die Versorgung mit Strom wird immer dezentraler: Die Anzahl an Windenergie- und Photovoltaikanlagen im deutschen Energiesystem nimmt weiter zu, während Atom- und Kohlekraftwerke zunehmend abgeschaltet werden. Zusammen mit Blockheizkraftwerken sollen die erneuerbaren Energien in den Verteilnetzen künftig auch die effiziente Netzführung unterstützen. Wenn die Übertragungsnetzbetreiber die dezentral verteilten Anlagen steuern wollen, benötigen sie einen Überblick über die erwartete Erzeugung im Verteilnetz. Gesetzliche Grundlage bildet in Deutschland das Netzausbaubeschleunigungsgesetz. Die bisher geltenden Regelungen zum Einspeisemanagement von Erneuerbare-Energien- und Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen werden durch das neue Redispatch-System ergänzt. Ökostrom- und KWK-Anlagen ab 100 kW installierter Erzeugungsleistung müssen in den Redispatch einbezogen werden. Verteilnetzbetreiber müssen dazu unter anderem Einspeiseprognosen erstellen und Redispatch-Potenziale ausweisen.
Prognosen für den Redispatch 2.0
Die Prognose von Erzeugungsleistung ist im Redispatch-2.0-Szenario von zentraler Bedeutung. Gute Prognosen sorgen dafür, dass Redispatch-Massnahmen günstig und effizient ausfallen können. Das ZSW-Prognose-Werkzeug «GridSage», soll helfen. «GridSage prognostiziert die Stromerzeugung im Verteilnetz für die nächsten 36 Stunden in einer Auflösung von 15 Minuten», erklärt Jann Binder vom ZSW. «Wir aktualisieren die Prognosen für die einzelnen EEG-Anlagen und Netzknoten stündlich und stellen sie dem Netzbetreiber automatisiert zur Verfügung.» Die Forschenden erstellen die Prognosen mit Hilfe von Methoden der künstlichen Intelligenz: Neuronale Netze lernen aus Daten der Vergangenheit, welche Erzeugungsanlage bei welchen Wetterbedingungen wie viel Leistung erzeugt. Diese Information nutzt GridSage, um automatisiert hochauflösende Prognosen zu erzeugen. «Neben der Erzeugung prognostiziert das Werkzeug die Last im Verteilnetz», so Binder. «Künftig wird das immer wichtiger. Je mehr sich die Elektromobilität durchsetzt und Wärmepumpen in Häusern installiert werden, desto größer wird die Bedeutung von präzisen Vorhersagen zum Verbrauch in Verteilnetzen. So können die Netze auch in Zukunft effizient betrieben und der Bedarf für Netzausbau verringert werden.»
Stadtwerke Schwäbisch Hall nutzen GridSage bereits
Erfolgreich genutzt wird das neue Prognose-Werkzeug bereits seit letztem Oktober bei den Stadtwerken Schwäbisch Hall. Der kommunale Versorger steuert neben dem eigenen Stromnetz die Netze von zahlreichen weiteren Stadtwerken bundesweit. Mit der Nutzung von GridSage kann die Schwäbisch Haller Netzleitstelle jederzeit mit aktuellen und belastbaren Fahrplänen arbeiten – eine gute Entwicklung für die Netzstabilität und die Energiewende.