SubPagesTopPicture

Solarfrauen

Bereits zu Beginn der SSES waren Frauen in der Basis präsent und später auch an der Spitze sichtbar: 1980–1982 folgte Doris Morf auf Pierre Fornallaz als SSES-Präsidentin und 2005–2015 Annuscha Schmidt. Von 1994 bis 2014 wirkte innerhalb der SSES eine sehr aktive Frauengruppe, ab 1996 als Solar Frauen Schweiz (SFS).

Text: Diana Hornung, Anne-Regula Keller, Gisela Vollmer

1994 initiierte Erika Isler innerhalb der SSES die Arbeitsgruppe Solar Frauen Schweiz (SFS). Sie stand dieser auch bis 1996 vor. Der damalige Zentralsekretär Beat Gerber hatte die Gründung mit ­einer Einladung an alle Frauen innerhalb der SSES unterstützt. Inner- und ausserhalb der SSES entstand ein breites Frauennetzwerk. Unter dem Titel «Wir brauchen Frauen auf der Sonnenseite» erschien ein erster Flyer der Gruppe.
1996 erhielten die SFS eine eigene Geschäftsstelle und einen Sitz im Bundesvorstand (BV). Gewählte Präsidentin und Vertreterin im BV wurde Annuscha Schmidt, Thea Hefti übernahm von Erika Isler die Geschäftsführung, erarbeitete ein Faktenblatt über die Gleichstellung von Frau und Mann in der Schrift- und Bildsprache für die SSES und erhielt für Unkosten ein Budget.

Exponat im Jugendlabor des Technorama

Bereits im Herbst 1994 hatte die Idee eines Exponates für das Jugendlabor zu reifen begonnen. Die Euphorie war gross, die Finanzierung rasch geregelt. Eine Projektgruppe bereitete das Experiment vor; Einweihung war im Frühling 1996 (Abb. 1). Solarerwärmte Luft drückte Wasser aus einem geschlossenen Reservoir in ein erhöhtes Gefäss. In einem zweiten Experiment beförderte eine von Solarstrom betriebene Pumpe Wasser höher. Dank Mess­geräten konnten Jugendliche die elektrische Leistung und die Wärmeerzeugung vergleichen. Beim Exponat lag auch die Ausgabe 1/1996 von «sonnen-energie-solaire» auf, die speziell für eine jugendliche Leserschaft geschrieben war – angeregt und mitgestaltet von den SFS.

Tagung im Technorama, Winterthur

Als erstes Grossprojekt organisierten die SFS am 11. Mai 1996 unter dem Patronat von Swissolar eine Fachtagung im Technorama. Sie verteilten 23 000 Programme – auch an weitere Organisationen. Swissolar leistete eine Defizitgarantie von 10 000 Franken, zudem wurden 4500 Franken an Spenden eingeworben. ­Obwohl auf den Unterlagen das Swissolar-Logo prangte, galt die gut besuchte Tagung als SSES-Veranstaltung. Unter dem Titel «Kleinanlage – Erfahrungsberichte» hielt Elsy Zulliger, Solar­aktivistin der ersten Stunde aus Thunstetten, einen Diavortrag. Weitere Referentinnen waren u. a. Franziska Herzog, Geschäftsführerin Swissolar und Vorstand SSES; Esther Hautle, Globaler Aktionsplan (GAP); Maya Cramer, Solar-Genossenschaft CERA, und Elisabeth Vincenz, Gemeindepräsidentin von Schlans (GR). Die Tagung brachte den SFS neue, im Bereich Sonnenenergie und nachhaltiges Bauen engagierte Mitglieder. Im gleichen Jahr erschien auch die Broschüre «Wir brauchen Frauen auf der Sonnenseite».

Frauen in Energiethemen weiterbilden

Immer klarer definierten nun die SolarFrauen, wie sie sich jetzt selbstbewusster nannten, ihr Ziel: «Frauen befähigen, in Energiefragen kompetent mitzudiskutieren und mitzuentscheiden.»
Nächstes Ziel war die Erarbeitung eines Kurses. Zielgruppe waren zunächst Gemeindepolitikerinnen. Das Kurskonzept «Energie und Raumplanung von und für Frauen» stiess an der HTL Bern auf Interesse, wurde unter dem Titel «Frau und Planung» ins Programm 1996 aufgenommen und zudem weiteren interessierten Institutionen angeboten. 1998 schrieben die SFS in Zürich erste Kurse aus und gaben das Glossar «Begriffe der Sonnenenergie» heraus. Inzwischen waren Architektinnen, Ingenieurinnen, Physikerinnen oder Planerinnen mit vielen Fachkenntnissen im Bereich Bau und Energie in der Gruppe. Doch auch Frauen mit anderem Hintergrund konnten sich und ihre Kompetenzen einbringen. Jedes Jahr gab es ein Arbeits- und Weiterbildungswochenende, an dem die kommenden Aktivitäten geplant wurden. Annuscha Schmidt regte in ihren zehn Präsidialjahren u. a. die Solarchecks an, die  unter der Leitung der Maschinenbau-Ingenieurin Andrea Beck 2013 eingeführt wurden.
Der Kurs «Sonnenenergie für Frauen – Frauen für Sonnenenergie» wurde optimiert und dazu ein Skript für die Teilnehmerinnen von beachtlichem Inhalt und Umfang herausgegeben. Der Kurs dauerte zwei Abende plus einen Samstagmorgen für die Besichtigung vorbildlich nachhaltiger Bauten.

Attraktive Ausstellung

Zwei Kursen in Aarau folgte 2003 einer in Solothurn. Dort organisierten Anne-Regula Keller und Annuscha Schmidt eine öffentliche Ausstellung in der Aula der Gewerbeschule und auf deren Vorplatz mit zahlreichen Exponaten und Modellen (Abb. 2), um der Bevölkerung zu zeigen, worin der Unterschied zwischen Photovoltaik und Solarwärmekollektoren besteht, wie ein Schichtspeicher oder eine Pelletheizung funktionieren und was eine Wärmepumpe pumpt. Zwölf Energieberater berieten die Besuchenden eine Woche lang. Das Projekt wurde von der SSES, der Stadt Solothurn und vom Lotteriefonds Solothurn unterstützt. Das Interesse war beachtlich, und die Ausstellung wurde auch von mehreren Schulklassen besucht. Den SFS-Kurs buchten 52 Frauen aus der Region Solothurn und dem angrenzenden Bernbiet.

Weitere grosse Aktionen

Im Rahmen der Einweihung ihres ersten Supermarkts im Minergie-P-Standard in Schönenwerd (SO) bat Coop die SolarFrauen um eine interaktive Energieausstellung. Sie wurden tatkräftig von Leuten der SSES-Regionalgruppe BeSo unterstützt, was im Gegenzug zu einem Engagement der SFS am Stand der Regionalgruppe an der Eigenheimmesse Solothurn führte.
2005 boten die SolarFrauen den eintägigen praktischen Kurs «Solarkollektoren im Selbstbau» unter der Leitung von Solar Support Fribourg an.
2006 erregten die SFS am Fusse der berühmten Treppe der St.-Ursen-Kathedrale in Solothurn am «Tag der Sonne» Aufmerksamkeit mit einem riesigen Infostand.
Am überregionalen Nachhaltigkeitstag der 2000-Watt-Gesellschaft Solothurn thematisierten die SFS 2013 an ihrem Stand die Energieverbrauchsoptimierung, u. a. mit diversen Messgeräten.
Alle diese Spezialaktivitäten fanden auch ein Echo in den lokalen und regionalen Medien.

Besichtigungen und Auswirkungensolarfrauen1

In all den Jahren boten die SFS in erster Linie ungezählte Besichtigungen vorbildlicher Neubauten, cleverer Anwendungen neuer Technologien, gelungener Altbausanierungen oder Umnutzungen zwischen Zürich, Bern und der französischen Grenze an (Abb. 3).
Der Sprung in die Ostschweiz gelang leider nicht, vor allem, weil sich keine Frauen östlich von Zürich engagierten. Auch eine Erweiterung in die Romandie blieb nur angedacht. Manche Frau wurde dank diesen Angeboten von nachhaltigen Technologien überzeugt: Laut Rückmeldungen entschieden sich etliche der Besucherinnen für Energieeffizienz, Sonnenenergienutzung und nachhaltiges Bauen oder Sanieren.
Die recht professionelle Organisation mehrerer Besichtigungen jährlich belastete aber die engagierten SolarFrauen neben Beruf und familiären Verpflichtungen immer stärker. Zugleich boten zunehmend Architekten, Gewerbetreibende oder Investoren ähnliche Besichtigungen an. Hinzu kamen Diskussionen darüber, ob es noch zeit­gemäss sei, sich auf Frauen als Zielpublikum zu beschränken. Darum entschieden sich die SFS 2014, ihre Aktivitäten einzustellen. Ausdrücklich lösten sie aber ihre Struktur nicht auf, sondern sistierten sie nur, auf dass jüngere Frauen, die mit neuem Schwung Projekte von Frauen für Frauen anbieten möchten, die SFS jederzeit wieder aufwecken können.