Bericht 2. Schweizer Selbstbautagung
VESE: «Überschussstrom» nebst «Flatterstrom» einer der schlimmsten Begriffe im Energiebereich: Dem weltweit herrschenden positiven Trend der Erneuerbaren zum Trotz ist in der Schweiz seit 2015 ein Rückgang der jährlich installierten Photovoltaikleistung auszumachen. Was Wunder, müssen sich doch die Photovoltaik-Selbstbauer, Genossenschaften und Vereine mit kaum professionell organisierten Strukturen begnügen. Dies ist eine Quintessenz der 2. Schweizer Selbstbau- und VESE-Anlagebetreibertagung, wo auch die nur zum Teil mit Photovoltaik bedeckten Dächer beanstandet wurden.
Fakt und Problem ist, dass zum Erreichen der Energiewende-Ziele eher ein Zubau von 900 MW pro Jahr vonnöten wäre statt der aktuellen ca. 250 MW. Hier stellt sich sogleich die Frage, in welchem Segment der Rückgang denn stattfindet? Immerhin werden doch landauf, landab immer mehr Dächer und Fassaden mit Solarzellen bestückt, die man zum Teil von weitem kaum und schon gar nicht störend wahrnimmt. Betracht man die Zahlen etwas genauer, fällt vor allem der Rückgang von ca. 100 MW seit 2015 bei den grossen Anlagen ins Gewicht, und zwar in verheerender Weise. Durch die Zunahme im ambitionierten Segment der Selbstbauer und Betreiber von kleinen Anlagen lässt sich der generelle Rückgang höchstens teilweise kompensieren.
Im Fokus des aufkommenden Eigenverbrauchs
Erklären lässt sich die aktuelle Entwicklung unter anderem mit dem geränderten Fördermodell weg von «Kostendeckenden Einspeisevergütung» KEV hin zur «Einmalvergütung» (EIV), aber auch mit dem immer stärker aufkommenden Eigenverbrauch. Dies führt schier zwangsläufig zum Bau von kleineren Anlagen, aber auch, zu teilbedeckten Dächern – dies ist aus Sicht des Verbands Unabhängiger Energieerzeuger VESE noch fast dramatischer. Und all dies trotz sinkenden Grenzkosten für jedes weitere kW… «Nur so nebenbei bemerkt: Das Modell des Eigenverbrauchs führte zum Begriff ‹Überschussstrom» – meiner Ansicht nach im Energiebereich nebst ‹Flatterstrom› einer der schlimmsten Begriffe, die derzeit herumgeistern, denn: jede kWh Photovoltaik ersetzt eine kWh Kohlestrom. Das ist der eigentliche ‹Überschussstrom›.» Dies sagte VESE-Präsident Walter Sachs an der mit rund 100 Teilnehmenden gut besuchten VESE-Herbsttagung vom 24. November 2018 an Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW Campus Brugg-Windisch in Brugg-Windisch.
Den ganzen Text finden Sie auf ee-news.ch, VESE:“Überschussstrom“ nebst „Flatterstrom“ einer der schlimmsten Begriffe im Energiebereich, 3. Dezember 2018, Text: Toni Rütter
Bericht 1. Schweizer Selbstbautagung
Am Samstag, 18. November, fand in Olten die erste Schweizer PV-Selbstbautagung statt. Über 100 Interessierte fanden sich an der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) in Olten zur ersten Schweizer PV-Selbstbau-Tagung ein. Bestehende Selbstbaugenossenschaften berichteten von ihren Erfahrungen, und Spezialisten beantworteten rechtliche und technische Fragen.
Das Interesse am genossenschaftlichen Selbstbau von Photovoltaikanlagen ist gross. Das hat sich an der ersten Schweizer Selbstbautagung für PV-Anlagen in Olten deutlich gezeigt. Über 100 Selbstbauer und Interessierte aus allen Landesteilen kamen nach Olten, um ihre Erfahrungen weiterzugeben oder sich von der Erfahrung anderer inspirieren zu lassen. Mit der Selbstbauidee wolle man ein zusätzliches Kundensegment erschliessen und so letztlich der ganzen Branche helfen, sagte Diego Fischer, Projektleiter Selbstbau beim VESE, in seinem Einstiegsreferat: «Wir arbeiten daran, dass wir den Kuchen grösser machen können!» Dank der Mitarbeit auf dem eigenen Dach und auf Dächern von anderen Genossenschaftern könnten sich mehr Menschen eine eigene PV-Anlage leisten. Zustimmung fand er mit dieser Aussage bei Josef Jenni, Jenni Energietechnik. Dieser hat im Bereich der Solarthermie den Selbstbau immer unterstützt – nicht zum Schaden seines Unternehmens, wie er ausführte.
Gutes Beispiel
Dass dies gelingt, zeigte das Beispiel der Energiewendegenossenschaft Bern deutlich auf. Diese Organisation hat ihre Wurzeln in Spiez, wo man seit Beginn der Tätigkeit 2015 mindestens eine Verdoppelung der Anlagendichte pro Einwohner im Vergleich zum Schweizer Durchschnitt erreicht hat. «Scheinbar nimmt man uns inzwischen wahr», stellte Geschäftsführer Niels Mahler fest. Bisher hat die EWG total 170 PV-Anlagen in Betrieb genommen mit insgesamt 2,48 MWp Leistung. Das Wissen über den genossenschaftlichen Selbstbau wolle man im Sinne eines Open-Source-Gedankens auch anderen zur Verfügung stellen. Deshalb hat die EWG mit ihrem Gründer Syril Eberhart auch an einem Handbuch zum PV-Selbstbau mitgearbeitet, dass der VESE in Olten erstmals der Öffentlichkeit vorstellte. Auf rund 140 Seiten werden hier technische, organisatorische und rechtliche Fragen im Detail beleuchtet.
Verschiedene Ideen
Nebst der Selbstbaugenossenschaft, die inzwischen beispielsweise in Winterthur erste Nachahmer gefunden hat, spriesst ein bunter Strauss von Selbstbauideen. So stellte Amadeus Wittwer, Energiegenossenschaft Schweiz, mit Ade!Geranium den aus seiner Sicht einfachsten Selbstbau vor. Dabei geht es um Balkonanlagen unter 600 Watt, die nach einer einfachen Meldung an den Energieversorger selbst angeschlossen werden dürfen. Eine Selbstbau-GmbH will Philippe-Dominik Oswald in St.Gallen gründen, und in Neuenburg ist mit Autovoltaic ein Verein entstanden, bei dem der Tausch von Arbeitsstunden völlig auf freiwilliger Basis erfolgt. Dass es bei allem Gründungsenthusiasmus auch einige rechtliche Fragen zu beachten gilt, führte der St.Galler Rechtsanwalt Markus Edelmann aus. Deshalb solle man sich aber nicht davon abhalten lassen, eine Genossenschaft zu gründen. Alle diese rechtlichen Fragen seien lösbar.
Idee soll gedeihen
Von der Aufbruchstimmung in Olten liessen sich verschiedene Anwesende im Saal anstecken. Spontan fanden sich Interessierte aus dem Raum Solothurn und Aargau zusammen, die nun selbst einer Genossenschaftsgründung nachgehen wollen. Auch zwei Walliser nahmen den Ball auf. «Wichtig ist ein motiviertes Kernteam», gab Diego Fischer allen künftigen Genossenschaftern mit auf den Weg. Diesen Teams will der VESE zusammen mit der EWG auch künftig mit Rat und Tat zur Seite stehen, damit das zarte Pflänzchen des genossenschaftlichen PV-Selbstbaus, das seit 2014 spriesst, weiter wachsen kann.