Flüssige Lithium-Ionen-Akkus können Auslaufen oder sich bei Überhitzung rasch entzünden. Festkörper-Lithium-Ionen-Akkus sind eine Möglichkeit, diese Gefahren zu mindern. Forschende der Empa haben einen Festkörper-Elektrolyten entwickelt, der auch punkto Leistungsfähigkeit mit flüssigen Elektrolyten mithalten kann.
Pressedienst/Redaktion
Die Ansprüche an einen Elektrolyten sind hoch: Er muss leitfähig sein, eine hohe Spannung aushalten und über eine längere Zeit elektrochemisch und thermisch stabil bleiben. Das gilt für Flüssigelektrolyte wie für Festkörperelektrolyte. Letztere gibt es zwar bereits auf dem Markt, allerdings noch nicht als Massenprodukte – und das, obwohl sie als sicherer gelten als ihr flüssiges Äquivalent. Denn sie haben einen gravierenden Nachteil: Sie erreichen noch nicht dieselbe hohe Leitfähigkeit wie Flüssigelektrolyte.
Komplexen Hydride
Wie nun die Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa mitteilt, ist es einem ihrer Forscherteams rund um Arndt Remhof vor kurzem gelungen, einen Festkörperelektrolyten zu entwickeln, der eine ähnlich hohe elektrische Leitfähigkeit aufweist. Als Material nutzte die Gruppe Amid-Borohydrid – ein komplexes Hydrid, das neben Oxiden und Thiophosphaten in Festkörperelektrolyten verwendet wird. «Damit konnten wir die Materialklasse der komplexen Hydride auf ein neues Level heben», erklärt Remhof. Das bedeutet: Die Leitfähigkeit des an der Empa entwickelten Festkörperelektrolyten ist bei Raumtemperatur vergleichbar mit einem Flüssigelektrolyten. Auch ist der neuartige Festkörper-Elektrolyt selbst bei Temperaturen von bis zu 150 Grad Celsius stabil – Flüssigelektrolyten wären bei derart hohen Temperaturen ein Sicherheitsrisiko.
Höhere Spannungen aushalten
Noch stecke das Projekt in den Kinderschuhen, erklärt die Empa. Borohydrid hält bislang erst eine Spannung von gut einem Volt stand: Zu wenig für eine markttaugliche Batterie. Um dieses Problem anzugehen seien die Forschenden nun dabei, alternative Borverbindungen zu entwickeln – und hätten damit auch bereits eine Spannung von drei Volt erzielt. Somit seien die ersten Schritte getan, um zukünftig die flüssigen Lithium-Ionen-Batterien durch Festkörper-Akkus zu ersetzen.
Andere Materialien einsetzen
In einem weiteren Projekt entwickelt das Forscherteam der Empa ausserdem bereits Batterien, die ohne Lithium auskommen – den Lithium ist nicht unbegrenzt verfügbar. Vor kurzem haben sie Festkörperelektrolyte für künftige Magnesium- und Natrium-Batterien vorgestellt. Die jüngsten Forschungsarbeiten belegen, dass Natrium und Magnesium für die Entwicklung neuer, reiner Feststofftechnologien geeignet sind. Remhofs Team hat Testzellen basierend auf den beiden Metallen entwickelt.
Natrium ist billig
So entstand ein Festelektrolyt, der die Mobilität der Natriumionen ab 20 Grad Celsius gewährleistet. Dieser Aspekt ist von zentraler Bedeutung: Ionen brauchen Wärme, um wandern zu können. Diese Reaktion bereits bei Raumtemperatur auszulösen, sei eine enorme technische Herausforderung, erklärt die Empa. Der Elektrolyt ist zudem nicht brennbar und bleibt bis 300 Grad chemisch stabil, was ihn besonders sicher macht. An der Universität Genf hat das Team um Hans Hagemann parallel dazu eine preiswertere Technik für die Herstellung des neuen Festelektrolyten entwickelt. Als eine der beiden Komponenten von Kochsalz ist Natrium – im Gegensatz zu Lithium – nahezu unbegrenzt verfügbar. «Die Verfügbarkeit ist unser stichhaltigstes Argument», sagt der Erstautor der Forschungsarbeit, Léo Duchêne von der Empa. Allerdings speichert Natrium bei gleichem Gewicht weniger Energie als Lithium. Es dient daher als ideale Alternative, wenn die Grösse des Speichermediums für die Anwendung unerheblich ist.
Magnesium ist komplex
Das gleiche Team hat auch einen Festelektrolyten für Magnesium entwickelt. Die bisherigen Forschungsprojekte auf diesem Gebiet lassen sich an einer Hand abzählen. Magnesium in Bewegung zu versetzen, ist schwierig, aber umso interessanter: Es ist leicht, in grossen Mengen verfügbar und kann nicht explodieren. Was noch wichtiger ist: Magnesiumionen sind zweifach positiv geladen, Lithiumionen dagegen nur einfach. In der Praxis bedeutet das, dass Magnesium bei gleichem Volumen fast die doppelte Energiemenge speichern kann.
Einige der getesteten Elektrolyte haben Magnesiumionen bereits in Bewegung versetzt, allerdings erst bei Temperaturen über 400 Grad. Der Elektrolyt der Schweizer Forschenden erreicht eine vergleichbare Leitfähigkeit bereits bei 70 Grad. «Bei dieser Pionierarbeit geht es um den Machbarkeitsnachweis», sagt die Versuchsleiterin Elsa Roedern von der Empa. «Von einem kompletten, funktionstüchtigen Prototypen sind wir noch weit entfernt, aber wir haben einen ersten, wichtigen Schritt in die richtige Richtung gemacht.»