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Neue Verordnungen im Energiebereich: Der Zubau wird ausgebremst

Das Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien wurde von der Schweizer Stimmbevölkerung am 9. Juni 2024 angenommen. Den Vollzug der neuen Regelungen hat der Bundesrat am 20. November 2024 in verschiedenen Verordnungen präzisiert. Das erste Paket tritt per 1. Januar 2025 in Kraft. Weitere Massnahmen folgen gestaffelt, weil der Bundesrat der Strombranche genügend Zeit für die Umsetzung geben will.

Text: Redaktion

Die Abstimmung zum Mantelerlass ist vorbei. Das Volk hat deutlich Ja gesagt. Was es dafür bekommt, zeigt sich jetzt in den Verordnungen. Ein erster Teil liegt nun vor. Anderes wurde vom Bundesrat ins neue Jahr verschoben. So bleibt bei der Abnahmevergütung 2025 vorerst alles wie gehabt. Allerdings haben einige Verteilnetzbetreiber schon auf 2025 auf Referenzmarktpreis umgestellt, obwohl dies eigentlich nicht zulässig ist. Neu zulässig sind auf Anfang Jahr hingegen virtuelle Zusammenschlüsse zum Eigenverbrauch und auch Auktionen für die gleitende Marktprämie. Positiv hervorzuheben ist, dass ZEVs neu einfacher abgerechnet und rückfinanziert werden können – dies allerdings allenfalls auch auf Kosten von Mieterinnen und Mietern, denen neu auch Kosten für interne Netze sogenannter ZEV-Quartiere via Strompreis oder Miete in Rechnung gestellt werden können. Auch der Widerspruch gegen die Teilnahme an einem ZEV ändert sich. Ein ZEV kann einseitig angekündigt werden.

Ziele zur Effizienz ungenügend

Das Stromgesetz hat nicht nur Ziele für den Zubau der erneuerbaren Energien vorgegeben, sondern auch Ziele für Effi­zienz und Verbrauch sowie eine Solarpflicht für Neubauten. Dabei kommt dem Bund und den bundesnahen Betrieben eine Vorbildfunktion zu. So muss der Bund seinen Energieverbrauch innert der nächsten 15 Jahre um 53% senken und die geeigneten Oberflächen seiner Gebäude solaraktiv ausstatten, andernfalls sind diese Flächen Dritten zu überlassen. Doch mit den nun verabschiedeten Verordnungen wird hier nichts konkretisiert. Es steht zu befürchten, dass der Bundesrat nicht wirklich gewillt ist, diese ihm auferlegten Vorbildfunktionen wahrzunehmen. Die SSES wird dies im neuen Jahr vertieft mit der Politik anschauen. Dies auch, weil beispielsweise die jetzt in den Verordnungen festgelegten Effizienzsteigerungen kaum ausreichend sind. Gemäss dem erläuternden Bericht zur Energieverordnung ist ein Einschleichen der Massnahmen vorgesehen, damit man sich daran gewöhnen könne. Die Kosten für all diese Massnahmen können auf die Kunden überwälzt werden. Dadurch habe der Verteilnetzbetreiber einen Anreiz, kosteneffizient zu arbeiten. Selbst dieser Bericht geht aber davon aus, dass mit den vorgesehenen Mass­nahmen das Effizienzziel des Gesetzes um 1 TWh verfehlt wird. Sollte dies eintreffen, werden damit automatisch die Ausnahmeregelungen greifen, dass nämlich der Bundesrat auch Anlagen, welche die Kriterien für Anlagen nationalen Interesses nicht erfüllen, diese Kriterien zubilligen könnte. Für den Umweltschutz sind das wenig erbauliche Aussichten. Die jetzt schon vorliegenden Verordnungen zeigen nämlich, dass es zu einer deutlichen Aufweichung im Bereich des Umweltschutzes kommt.

Volkswille nur bedingt umgesetzt

Die Verordnung trägt ganz klar die Handschrift von Energieminister Albert Rösti. Gemäss seinen Aussagen würde der Bundesrat die Option AKW in Betracht ziehen, falls der Zubau der erneuerbaren Energien nicht wie im Gesetz vorgesehen vorankommt. Und die Gesetzesvorgaben sind sehr ambitioniert. Doch so wie die Rahmenbedingungen nun ausgestaltet werden, dürfte die offensichtlich angestrebte Notwendigkeit eines neuen AKW zur selbsterfüllenden Prophezeiung werden. Dazu passen auch Aussagen, die Bundesrat Rösti öffentlich gemacht hat. Er will eine Strategie mit drei Phasen. Kurzfristig sollen Reservekraftwerke mit Öl und Gas Lücken schliessen. Dabei wird beispielsweise die Nutzung von Wärme-Kraft-Kopplung mit keinem Wort erwähnt. Mittelfristig will Rösti mehr inländische erneuerbare Energie, meinte damit aber in erster Linie grosse Wasserkraftwerke und alpine Solaranlagen. Obwohl die meisten alpinen Solaranlagen am Widerstand der Standortgemeinden gescheitert sind, suggeriert Rösti, dass durch die eingegangenen Einsprachen die Energiewende verhindert werde. Deshalb bräuchte es Phase 3, ein neues Kernkraftwerk, als Rückfallposition, wenn der Ausbau der erneuerbaren Energien nicht gelingt. Der Bundesrat negiert dabei völlig, dass der Ausbau in erster Linie im Bestand auf bestehenden Infrastruktur-, Gewerbe- und Wohnflächen stattfinden wird. Hier gibt es in der Regel keine Einsprachen. Der Ausbau wird hier aber unter anderem durch die Verunsicherung ausgebremst, die jetzt auch wieder durch die Verzögerungen bei den Anpassungen der Rückliefertarife oder der alarmistischen Netzausbaudiskussionen entsteht. Der Fachgruppe VESE sind mehrere Fälle bekannt, bei denen Solargenossenschaften deswegen grosse PV-Projekte sistiert haben. Die vom VESE vor einem Jahr geäusserte Befürchtung einer Realisierungsdelle bei grossen PV-Anlagen scheint Realität zu werden – dabei hat sich die Branche dafür eingesetzt, dass die Kapazität hochgefahren wird. So hat Swissolar zusammen mit anderen Verbänden erst dieses Jahr die Ausbildung zum Solarteur lanciert. Es wäre schade, wenn die ersten jungen Leute, die die Ausbildung in zwei oder drei Jahren abschliessen werden, dann keine Arbeit hätten.

 

Änderungen 2025

Gleitende Marktprämie

Schon bisher ist es möglich, mit grossen PV-Anlagen (über 150 kW ohne Eigenverbrauch) an Auktionen zur hohen Einmalvergütung teilzunehmen. Ab Auktions­jahr 2025 kann neu alternativ auch an einer Auktion zur gleitenden Marktprämie teilgenommen werden – hier wird auf Rp./kWh geboten, Laufzeit 20 Jahre, ein Ausstieg ist nicht möglich. Diese gleitende Marktprämie entspricht der Idee des von der SSES und des VESE lancierten Fixmodells, d. h. einer vom Marktpreis unabhängigen Abnahmevergütung über 20 Jahre. 10% des überschiessenden Teils der Vergütung der Monate Oktober bis März können einbehalten werden. Zusätzlich gibt es, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, pro kWh eingespeiste Energie einen Neigungswinkel-, Parkflächen- oder Höhenbonus.

Virtueller Zusammenschluss zum Eigenverbrauch (vZEV)

Neu können die Anschlussleitungen zwischen Gebäuden bis und mit Verteilkabine kostenfrei genutzt werden. Dies bedeutet eine erhebliche Vereinfachung der Gründung und des Betriebs von ZEVs. Theoretisch sollte es möglich sein, diese komplett ohne eine Änderung an den Installationen aufzusetzen. Neu können Nachbarn auch über die bestehenden Anschlussleitungen mit Solarstrom beliefert werden und Smart Meters des Verteilnetzbetreibers verwendet werden. Am gleichen Verteilkasten angeschlossene Verbraucher können sich so optimal zusammenschliessen. Die Verteilnetzbetreiber sind verpflichtet, die Zählerdaten den ZEV-Betreibern zur Verfügung zu stellen. Swissolar ist überzeugt, dass dieses neue Instrument dank des erhöhten Eigenverbrauchs Anreize für den Bau grossflächiger Anlagen schafft und damit einen wesentlichen Beitrag zum weiteren Ausbau der Photovoltaik leisten wird. Die Voraussetzungen zur Gründung / zum Betrieb eines vZEV sind gleich wie bei einem ZEV.

Leitungsverstärkungen

Müssen beim Bau einer PV-Anlage die Leitungen von der Parzellengrenze bis zum Übergabepunkt verstärkt werden, so können diese Leitungsverstärkungen neu bis zu einem maximalen Betrag von CHF 50/kW solidarisiert werden. An den Anschlusskosten selbst ändert sich nichts.

Speicher ohne Endverbrauch

Speicher ohne Endverbrauch sind ab 1. Januar 2025 von den Netzkosten befreit, was zum Beispiel Quartierbatterien erlaubt.

Änderungen auf 1. Juli 2025

Ab diesem Zeitpunkt benötigen Fassaden-PV-Anlagen aufgrund der geänderten Raumplanungsverordnung keine Baubewilligung mehr. Anlagen können neu auf freien Flächen in Gebieten ausserhalb von Bauzonen und landwirtschaftlichen Nutzflächen errichtet werden, wenn diese ­«wenig empfindlich» oder bereits mit anderen Bauten oder Anlagen belastet sind. Auch wird es Änderungen für Agri-PV-Anlagen geben, Parkplatzüberdachungen mit PV werden grundsätzlich zonenkonform sein.

Die Details zu den Änderungen auf Anfang 2026 sind noch nicht bekannt.

www.sses.ch