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Mehr Schwung für die Solarthermie

Zwar ist der Verkauf von Solarthermiekollektoren 2018 zurückgegangen, dochdie Wärme aus der Sonne hat noch viel ungenutztes Potenzial. Einen Schub könnte unter anderem die Umsetzung der MukEn 2014, aber auch der vermehrte Einsatz von Solarthermie in Wärmeverbunden bewirken. Ermutigende Beispiele dafür lassen sich bei unseren nördlichen Nachbarn finden.

Text: Andrea Holenstein

Sah es 2017 noch so aus, als ob der Verkauf von Solarthermiekollektoren leicht zunehmen würde, wurde diese Erwartung inzwischen leider enttäuscht: Die Zahlen fielen unter diejenigen von 2017 (vgl. Tabelle). Warum? «Das wissen wir leider nicht genau», sagt David Stickelberger, Geschäftsleiter Swissolar auf Anfrage. «Ein möglicher Grund könnte sein, dass die Einführung der Einmalvergütung für Anlagen ab 30kW die Photovoltaik für Grossanlagen wieder attraktiver gemacht hat.» Marianne Zünd, Leiterin Abteilung Medien und Politik beim Bundesamt für Energie (BFE), nennt weitere Gründe: «Der Markt für Solarthermie ist vor allem im Bereich der Einfamilienhäuser in den letzten Jahren eingebrochen. Das hat insbesondere mit der grossen Popularität von Photovoltaiksystemen zu tun, die in Kombination mit einer Wärmepumpe oft einfacher zu installieren und zu betreiben sind als Solarthermiesysteme. Zusätzlich sind auch die Investitionskosten von Solarthermiesystemen in den letzten Jahren nicht derart stark gesunken wie bei der Photovoltaik.»

Wärme ist effizient

Dass die Solarthermie für den Umbau der Energiesysteme in der Schweiz jedoch nach wie vor von Bedeutung ist, erklärte Solarpionier Josef Jenni, Inhaber und Gründer von Jenni Energietechnik, an derdritten Schweizer Solarkollektoren-Selbstbautagung. «50% unseres Energiebedarfs brauchen wir in Form von Wärme», erläuterte er. Es sei am effizientesten, Wärme als Wärme zu produzieren, zu speichern und zu brauchen. «Jede Umwandlung bedeutet grosse Verluste und steigert damit den Primärenergiebedarf», so Jenni. Solarthermie in Verbindung mit Holz, was ebenfalls nichts anderes ist als gespeicherte Sonnenenergie, stellen für Jenni das ideale Tandem in der Wärmeversorgung dar, da sowohl Sonnenenergie als auch Holz in der Schweiz im Überfluss vorhanden sei. Davon konnten sich die Selbstbauer auf dem Areal der Jenni Energietechnik in Oberburg bei Burgdorf gleich persönlich überzeugen. Dort steht nicht nur das erste solar beheizte Einfamilienhaus der Schweiz, das von Jenni gebaute wurde und bei dem er– man würde heute sagen in einem PR-Stunt – mitten im Winter sogar das Aussenschwimmbad beheizt hat, sondern auch drei solar beheizte Mehrfamilienhäuser. Hier ist die Entwicklung der Technologie gut zu sehen: Die Panelfläche hat sich bei den neueren Häusern um rund einen Drittel verkleinert, und auch der Wassertank zur Speicherung der Solarwärme wurde kleiner dimensioniert. Aber auch in den neuen Häusern muss nie jemand frieren, wie einer der Bewohner klarmachte. Jenni beweist nicht nur bei seinen eigenen Projekten, dass seine Technologie mit den eingesetzten Kollektoren und den Solartanks ausgereift und sehr effizient ist. Diese Speicher müssen auch nicht überall so gross sein wie in den Mehrfamilienhäusern, sondern finden bei Sanierungen von Einfamilienhäusern auch auf der Fläche von ehemaligen Öltanks Platz.

Wo den Hebel ansetzen?

David Stickelberger sieht zwei Ansatzpunkte, um die Solarthermie stärker zu fördern. 1. Preissenkungen: «Dafür bräuchte es wohl einen zweistufigen statt den heutigen dreistufigen Vertrieb», erklärt Stickelberger, «das heisst einen direkten Verkauf vom Hersteller an den Endkunden, und der Installateur wäre dann Unterauftragnehmer. Dies würde bei komplexen Anlagen auch zu einer hohen Qualität beitragen.» 2.Zuverlässigkeit der Anlagen: «Es gibt immer noch zu viele thermische Anlagen, die über Monate nicht zuverlässig oder gar nicht laufen, und wegen fehlender Überwachung merkt es niemand», so Stickelberger. Auch die vorgesehene Umsetzung politischer Beschlüsse (MuKEn 2014, Modul Heizungsersatz) und eine weitere Erhöhung der CO2-Abgabe dürften der Solarthermie helfen, fügt er an und ergänzt: «Für den Marktbereich Wärmeverbünde wäre es nützlich, wenn Kollektoren ohne Zonenplanänderung auf der grünen Wiese installiert werden könnten, wie beispielsweise in der deutschen Exklave Büsingen. So etwas wäre in der Schweiz nicht machbar. Bei uns müssen die Kollektoren auf Gebäuden installiert werden. Das ist teurer, und es steht weniger Platz zur Verfügung.»

Schub durch die MuKEn

Die Solarthermie wird auch in Zukunft einen festen Stellenwert in der Schweizer Energielandschaft haben, ist auch David Stickelberger von Swissolar überzeugt: «Sofern die MuKEn in den Kantonen vollständig umgesetzt werden, erwarten wir einen Schub für die Solarthermie.» Da in Zukunft bei einem Heizungsersatz 10% der benötigten Wärmeenergie erneuerbar sein müssen, wird Solarthermie für Einfamilienhäuser (wieder) interessanter. Auch die Kombination von Erdwärmesonden und Solarthermie hat Potenzial: Im Sommer wird dem Boden über die Sonde überschüssige Solarwärme zugeführt, die dann im Winter wieder zur Verfügung steht (Erdsondenregeneration).

Grossanlagen in Dänemark

Zukunft hat die Solarthermie auch beim Einsatz in Wärmeverbunden. In Dänemark wurden bis heute vor allem als Freiflächenanlagen über 900 MW thermische Leistung installiert. Die grösste Anlage befindet sich im dänischen Silkeborg mit einer Kollektorfläche von 157000 m2 und einer Leistung von 100 MW. Auch Deutschland setzt auf Solarthermie: Aktuell sind 34 solarthermische Grossanlagen mit einer Nennleistung von insgesamt 44MW bzw. einer Kollektorfläche von 62700 m2 in Wärmenetze eingebunden. Weitere 19 MW bzw. 23200 m2 sind in Realisierung oder Planung. Die Anlagen werden vom Staat gefördert (bis zu 45%) und erreichen Wärmepreise von unter zwei Eurocent. Ein Fünftel der Leistung entfällt auf ländliche Regionen, wo Energiedörfer Wärmenetze mit Biomassekraftwerken und Solarthermie-Freiflächenanlagen aufbauen. Auch zahlreiche städtische Wärmeverbundbetreiber setzen neu auf Solarthermie. In Ludwigsburg entsteht Deutschlands grösstes Kollektorfeld mit 14800 m2 Fläche. Es soll 4,5 Millionen Kilowattstunden Wärme jährlich in den Wärmeverbund der Stadt liefern.

Ermutigende Resultate

Das Institut für Solartechnik (SPF) der Hochschule Rapperswil untersucht zurzeit die Wirtschaftlichkeit von Solarthermie bei bestehenden Energieverbunden im Kanton St.Gallen. Die Resultate sind ermutigend: Sind passende Dachflächen in der Nähe vorhanden und werden die Anlagen wie andere Solarthermieanlagen gefördert, sind Wärmegestehungspreise von unter drei Rappen möglich, wie das SPF errechnet hat. Dass in der Schweiz Potenzial in Wärmeverbunden besteht, zeigt beispielsweise auch die 2012 gebaute Kollektoranlage des Wärmeverbunds Lyssach-Schüpfen: Die 460 m2 Vakuumröhrenkollektoren auf einem Gebäude neben der Energiezentrale decken 60 bis 70% des Wärmebedarfs im Sommer. Die Gestehungskosten liegen zwar leicht höher als für Wärme aus dem Holzheizkraftwerk, aber deutlich unter dem Verkaufspreis für die Wärme.