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Künstliche Intelligenz

In der Werbung ist künstliche Intelligenz das, was Bluetooth früher war – unabdingbar bei jedem Produkt. Selbstlernende Algorithmen können tatsächlich in vielen Feldern vorteilhaft eingesetzt werden, auch in der Solarenergie. Sie analysieren das Wetter und sagen die Energieproduktion von Solaranlagen voraus oder erkennen in den Solaranlagendaten Fehler und Ausfälle. Die Entwicklung geht rasant weiter. Allerdings brauchen die Rechenzentren dafür immer mehr kostbaren Strom.

KI optimiert den Ertrag mit viel Energie

Text: Beat Kohler

Die künstliche Intelligenz bietet auch in der Solarenergiebranche zahlreiche Möglichkeiten zur Steigerung der Effizienz und Leistung. KI hilft beispielsweise dabei, die Einspeisung ins Netz und den Eigenverbrauch in Bezug auf die Produktion intelligent zu steuern. Das ist heute schon in Anwendung. Immer wieder kommen neue Softwarelösungen hinzu.

Fehler besser erkennen

ZHAW-Forschende des Instituts für Datenanalyse und Prozessdesign (IDP) haben beispielsweise im Rahmen eines Innosuisse Projekts ein Softwaremodul entwickelt, das bereits vorhandenes Fachwissen mit künstlicher Intelligenz verbindet. Die darauf basierenden Leistungsanalysen helfen dabei, Energieverluste von Solarkraftwerken zu minimieren. Generell können etwa Verschmutzungen auf den Modulen, eine Verschattung einzelner Bereiche, elektronische Ausfälle, Inverter-Störungen oder fehlerhaftes Tracking an den Anlagen zu beachtlichen Energieverlusten oder sogar zu einem Leistungsausfall führen. Das Programm des ZHAW-Teams kann auftretende Energieverluste eines PV-Kraftwerks durch elektronische Ausfälle, Trackerfehler oder verschmutzte PV-Module diagnostizieren und somit frühzeitig erkennen, wann ein Eingriff ins System notwendig wird. Es erkennt Energieverlust-Ereignisse diverser Ursachen automatisch und kann entscheiden, wann sich eine Wartung der Anlage tatsächlich lohnt. «Mit der Kombination aus wertvollem Fachwissen und einem datengetriebenen Deep-Learning-Modell kann das Modul früher und genauer Fehler in der Anlage erkennen als bisherige Ansätze. Die Fähigkeit zur Erkennung von Trackerfehlern wurde im Vergleich zu herkömmlichen KI-Modellen um 70% verbessert», erklärt Projektleiterin Lilach Goren Huber.

Netzausbau minimieren

Ein weiteres Beispiel wurde mit dem Watt d’Or 2024 in der Kategorie «Energietechnologien» ausgezeichnet. Die ETH Zürich hat in Kooperation mit dem Aargauer Stromversorger AEW Energie AG einen Algorithmus namens «Online Feedback Optimization» entwickelt, der ein Optimierungsproblem im Stromnetz lösen kann. Die Anwendung des Algorithmus basiert auf Echtzeitmessungen aus dem AEW-Stromnetz und kann die Blindleistung und Spannung im Netz optimal regeln. Laut ETH-Forscher Lukas Ortmann, der inzwischen als Professor für Regelungstechnik an der Ostschweizer Fachhochschule in Rapperswil tätig ist, wurde die Optimierungssoftware in einem Pilotprojekt an einer Solaranlage der AEW Energie getestet. Die Innovation und der Vorteil des ETH-Algorithmus bestehen darin, dass er auf Echtzeitdaten aus dem AEW-Stromnetz beruht und die Blindleistung auf die vorherrschende Situation anpassen kann, um den Blindleistungsfluss lokal zu optimieren. «Im Prinzip haben wir am Beispiel einer einzelnen bestehenden AEW-Solaranlage gezeigt, dass unsere Optimierungssoftware einen Beitrag zur Netzstabilität in der Schweiz leisten kann», sagt Lukas Ortmann. Mit der Software können regionale Stromversorger – ohne teuren Ausbau ihrer Infrastruktur – ihren Netzbetrieb optimieren.

Auch bei der Entwicklung neuer Solarzellen kommt KI zum Einsatz. So wollen in Deutschland Forschende des Helmholtz-Instituts einen digitalen KI-Assistenten entwickeln, der selbstständig neue Materialien generieren und Herstellungsprozesse optimieren kann. Welche Lebensdauer wird die geplante Solarzelle voraussichtlich haben? Welche Materialien sollten verwendet werden? «SOL-AI soll auf all diese Fragen massgeschneiderte schnelle Antworten liefern», erklärt Stefan Sandfeld, Direktor des Instituts Materials Data Science and Informatics (IAS-9) am Forschungszentrum Jülich.

Stromverbrauch steigt massiv

Bei aller Euphorie über mögliche Anwendungen darf man eines nicht vergessen: KI ist in erster Linie ein grosser Energiefresser. Der Stromverbrauch der weltweiten Rechenzentren inklusive KI-Anwendungen und Kryptowährungen könnte gemäss Prognosen der Internationalen Energieagentur von 460 TWh im Jahr 2022 auf 620 bis 1050 TWh im Jahr 2026 steigen, je nachdem wie rasch KI in verschiedensten Sektoren zur Anwendung kommt. In Europa weist die Schweiz die zweithöchste Dichte an Rechenzentren pro Kopf auf. Laut Bundesamt für Energie betrug der Stromverbrauch durch Rechenzentren 2019 2,1 TWh, was 3,6% des gesamten Schweizer Verbrauchs entsprach. Bis 2025/2026 dürften Rechen- zentren gemäss Analyse des Bundesamtes rund 6% des Verbrauchs ausmachen. KI-Anwendungen wurden in diesen Szenarien noch gar nicht berücksichtigt. Professor Adrian Altenburger, Instituts- und Studiengangleiter für Gebäudetechnik und Energie an der Hochschule Luzern, schätzt in der Kundenzeitschrift des ewz, dass bis 2030 der Stromverbrauch in den Rechenzentren infolge der neuen KI-Anwendungen bereits 8 TWh ausmachen könnte. Das wären 14% bis 15% des gesamten Schweizer Stromverbrauchs.