Solarthermische Systeme sind ein verlässlicher Weg zur Bereitstellung von Warmwasser und Heizwärme. Für die Wirtschaftlichkeit der Anlagen spielen die einfache Installation und der störungsfreie Betrieb über einen langen Zeitraum eine zentrale Rolle. Forscher des Instituts für Solartechnik an der Hochschule für Technik Rapperswil (HSR) haben nun ein seit vielen Jahren erprobtes Testverfahren für Heizsysteme erweitert, um damit zusätzlich die Kompaktheit und Fehlerresistenz neuer Anlagen bewerten zu können. Sie leisten damit einen Beitrag, um die Akzeptanz der Solarthermie durch potentielle Anwender weiter zu verbessern.
Dr. Benedikt Vogel, im Auftrag des Bundesamts für Energie (BFE)
Photovoltaik ist heute in aller Munde. Der Einbau von PV-Modulen auf dem eigenen Dach gehört zum guten Ton. Das macht sich in wachsenden Produktionsmengen bemerkbar: Die Stromherstellung aus Sonnenenergie in der Schweiz hat sich im Zeitraum 2011 bis 2017 auf 1680 GWh verzehnfacht. Das entspricht dem Stromkonsum von 560’000 Vierpersonenhaushalten. Auch die Wärmeproduktion aus Kollektoren, die Sonnenenergie in Warmwasser und Heizenergie umwandeln, hat in den letzten Jahren weiter zugenommen, auf knapp 700 GWh im Jahr 2017. Mit dieser Energie können rund 140’000 Neubau-Vierpersonenhaushalte mit Warmwasser und Heizwärme versorgt werden. Der Zubau von Sonnenkollektoren bleibt in der Schweiz allerdings hinter dem fulminanten Wachstum der Photovoltaik zurück.
Einen Grund für diese verhaltene Entwicklung der Solarthermie sehen Experten in der Installation und dem Betrieb der Kollektorsysteme. „Heute werden die Anlagen zur Nutzung der Solarwärme oft noch aus Einzelkomponenten zusammengebaut. Das ist relativ teuer und erhöht die Fehleranfälligkeit der Systeme“, sagt Robert Haberl vom Institut für Solartechnik (SPF) der Hochschule für Technik Rapperswil (HSR). Dieses Manko könnte nach Meinung des Solarexperten durch kompakte Anlagen, die vom Hersteller als abgestimmtes Gesamtsystem konzipiert sind, behoben werden. Kompakte und robuste Gesamtsysteme aus vorgefertigten Komponenten zu fördern – das ist denn auch das übergeordnete Ziel eines Projekts, das ein Forscherteam um Haberl zusammen mit Industriepartnern durchgeführt hat. Beteiligt waren die Unternehmen Hoval, Marti Energietechnik, Ratiotherm Heizung+Solartechnik, Soltop Schuppisser, Link3, Meier Tobler und Jenni Energietechnik. Das Bundesamt für Energie hat das Projekt im Rahmen seines Forschungsprogramms ‚Solarwärme und Wärmespeicherung‘ unterstützt.
Solarthermische Systeme im Concise Cycle Test
Concise Cycle Test hilft bei der Fehlersuche
Der Concise Cycle Test (CCT) ist an der Hochschule für Technik Rapperswil seit Jahren im Einsatz. Anlagen zur Nutzung von Solarenergie werden dabei in Kombination mit den verschiedensten Wärmeerzeugern getestet. Bei diesen Tests deckten die Forscher – um ein Beispiel zu geben – eine falsche Positionierung eines Temperaturfühlers auf, die dazu führte, dass eine Wärmepumpe viel zu häufig die Warmwasserzone im Kombispeicher aufheizte, dies mit gravierenden Folgen für die Effizienz des Gesamtsystems. In einem anderen Fall führten Steuerungsfehler eines Pelletkessels dazu, dass das Potential der Kollektoren als Wärmelieferant wegen übermässiger Wärmeproduktion der Holzheizung nicht voll ausgeschöpft wurde, und dass der Pelletkessel seinen Spielraum in der Leistungsmodulation nicht ausnutzte und dadurch häufiger als nötig ein- und ausschaltete.
Bei der Planung von solaren Energiesystemen werden heute in der Regel Software-Werkzeuge wie Polysun oder TRNSYS (im wissenschaftlichen Bereich) herangezogen. Mit diesen können wichtige Parameter auch komplexer Systeme simuliert werden. Diese Simulationen haben allerdings auch ihre Grenzen. Hier hilft mitunter der Prüfstand am SPF in Rapperswil weiter: Dieser kann zum Beispiel das Schichtungsverhalten im Wärmespeicher offenlegen, wozu Simulationssoftware-Werkzeuge bis anhin nicht in der Lage sind. BV
Anlagenhersteller sind seit jeher bemüht, die solarthermische Systemeinheit kompakt und störungsresistent zu bauen. Für einzelne Komponenten wird dieses Ziel gemeinhin erreicht. Schwieriger wird es, wenn es um das gesamte Wärmeversorgungssystem geht. An diesem Punkt kommt die Expertise der SPF-Wissenschaftler zum Tragen. Bereits im Jahr 2002 hatten die Forscher ein Prüfverfahren für solarthermische Systeme unter der Bezeichnung ‚Concise Cycle Test‘ (CCT) eingeführt. Der CCT in seiner ursprünglichen Form machte es möglich, in einer Kombination aus einem zwölftägigen Prüfzyklus und Simulationen zu bestimmen, wie sich ein solarthermisches System über ein ganzes Jahr hinweg verhält. Dies gelang, indem Wetterbedingungen, Lastprofile und weitere Parameter so definiert werden, dass der Testzyklus das Jahresverhalten des Systems adäquat wiedergibt. „Wenn ein Hersteller seine Anlage bei uns in Rapperswil dem CCT unterzieht, bekommt er neben Auskünften zur Performance seiner Anlage im Idealfall auch gleich die Lösungen für allfällig entdeckte Probleme“, sagt Haberl. Ein Anlagentest nimmt einschliesslich Vorbereitung, Aufbau und Auswertung ca. einen Monat in Anspruch.
Das CCT-Verfahren wird an der HSR in Rapperswil seit nunmehr 16 Jahren eingesetzt (vgl. Textbox 1). Auch ausländische Testinstitute wie das schwedische Solar Energy Research Center SERC (Högskolan Dalarna) und das National Solar Energy Institute CEA INES in Le Bourget du Lac (Frankreich) testen Komplettsysteme nach einem ähnlichen Prinzip. In Rapperswil durchliefen in den letzten Jahren rund 20 Komplettsysteme, die Solarenergie mit Wärmepumpen kombinieren, den Prüfzyklus. Evaluiert wurden auch mehrere Systeme, die Solarkollektoren mit Pelletheizungen verbinden. Auf den Prüfstand kamen in der Vergangenheit ferner Systeme aus Sonnenkollektoren und Gas-/Ölheizungen. Das Institut für Solartechnik nimmt dabei die Rolle einer Entwicklungsdienstleisterin ein. Es stellt seine Testleistungen im Rahmen von aktuellen Forschungsprojekten oder gegen finanzielle Abgeltung zur Verfügung.
Kompakter und robuster
Das bewährte CCT-Verfahren wurde im Zuge des jüngsten HSR-Projekts nun erweitert, und zwar so, dass neu auch Kompaktheit und Fehlerresistenz eines solarthermischen Energiesystems bewertet werden können. Davon profitieren in erster Linie Hersteller von Komplettsystemen, die solarthermische Komponenten enthalten. Sie erhalten im Zuge eines CCT ihrer Anlage neu neben Aussagen zur energetischen Effizienz auch eine fundierte Rückmeldung zu Kompaktheit und Fehlerresistenz. „Das wird die Hersteller nicht nur motivieren, vermehrt kompakte und robuste Anlagen zu bauen, es ermöglicht ihnen auch, allfällige Schwachstellen zu erkennen und diese nachzubessern, bevor die Anlagen auf den Markt kommen“, sagt Haberl.
Das erweiterte Testverfahren könnte künftig zudem einen Nutzen direkt bei den Anwendern von Solarkollektoren und anderen solarthermischen Anlagen entfalten: So erwägt das SPF, die Prüfberichte der Anlagen, sofern der Hersteller zustimmt, direkt auch den Anwendern zugänglich zu machen, und zwar in einer verkürzten, auch für Laien lesbaren Form. Somit bekämen die Anwender, wenn sie eine Anlage auswählen, eine SPF-Bescheinigung zu Kompaktheit und Fehleranfälligkeit, also quasi ein von unabhängiger Seite ausgestelltes Gütesiegel. „Mit unserem erweiterten Prüfverfahren fördern wir die Entwicklung leicht installierbarer und robuster Systeme, und zugleich erhöhen wir die Akzeptanz der Anwender für die Solarthermie“, betont Haberl.
Prüfzyklus von zwölf auf sechs Tage verkürzt
Das jüngste SPF-Projekt erreichte noch ein zweites Ziel: Der CCT wurde von zwölf auf sechs Tage verkürzt und in dem Sinn vereinfacht, dass das Prüfverfahren nicht mehr auf Simulationen zurückgreifen muss, um von den Sechs-Tages-Messungen auf die Jahres-Performance zu schliessen. Das Prüfverfahren zeitlich zu halbieren war für die Wissenschaftler eine knifflige Aufgabe. Die zentrale Herausforderung bestand darin, die Wetterdaten und Lastprofile so auszuwählen, dass sie alle Betriebszustände eines Jahres in einer Sechs-Tages-Periode adäquat abbilden, ohne einzelne Zustände überzubewerten. Die Auswertungen zeigen, dass ihnen dies gelungen ist. Dass mit den Änderungen am Prüfzyklus neu jegliche Systeme zur Bereitstellung von Wärme und ggf. auch Strom für Einfamilienhäuser geprüft werden können, ist dabei ein gern gesehener ‚Nebeneffekt‘ der Arbeiten.
Dr. Elimar Frank, der im Auftrag des BFE das Forschungsprogramm ‹Solarwärme und Wärmespeicherung› leitet, unterstreicht die Vorzüge des neuen Verfahrens: „Dieses Projekt der Rapperswiler Forscher leistet einen Beitrag zur Energiewende, indem es für Wärmeversorgungsanlagen, die mit Solarthermie kombiniert sind, jetzt einen aussagekräftigen ‚real operation test‘ gibt. Dieser ermöglicht (ähnlich wie die ‚real driving emissions‘ bei Fahrzeugen) eine Einschätzung der effektiven Leistungsfähigkeit im Realbetrieb. Davon profitieren Hersteller und Kunden, indem Hersteller künftig ihre Anlagen verstärkt so bauen können, dass die Installation beim Kunden vereinfacht wird und mögliche Fehlerquellen schon ab Werk systematisch ausgeschlossen werden.“ Die Anlagenverkäufer und Installateure sollten diese Entwicklung mittragen, indem sie die Vorteile von Gesamtsystemen aus vorgefertigten und aufeinander abgestimmten Komponenten hervorheben, sagt Frank. „Damit wird die Akzeptanz der Solarthermie als hocheffiziente Möglichkeit zur Reduktion fossiler Energien in der breiten Öffentlichkeit erhöht und die Nutzung der Sonnenenergie unterstützt.“