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Dem Klima doppelt gedient

Biogas-Pionier Niklaus Hari präsentiert vor seinen Energielieferanten, den Mutterkühen, den schematischen Aufbau seiner Biogasanlage, die seit Jahrzehnten einwandfrei funktioniert. Foto: Beat Kohler

Niklaus Hari und Erika Hänni halten auf ihrem Hof in Reichenbach nicht nur Mutterkühe, sie betreiben auch eine Kleinbiogasanlage. Sie hoffen darauf, dass am 21. Mai das Stimmvolk das revidierte Energiegesetz gutheisst.

Beat Kohler

Er hat seinen Hof in Reichenbach im Kandertal von Milchproduktion auf Mutterkühe umgestellt. «Nicht zuletzt wegen der eher zunehmenden Projekte, die wir daneben haben», erklärt Bauer Niklaus Hari, den den Hof zusammen mit Erika Hänni bewirtschaftet. Bei diesen Projekten erntet Hari kein Getreide und produziert auch keine Milch, sondern Energie – Wärme und Strom.

Effizienz ist wichtig

Die Verteter der «Energiestrategie Ja»-Kampagne waren auch bei Nationalrat Jürg Grossen in Frutigen zu Besuch. Sie liessen sich dort zeigen, wie er sein Bürogebäude dank intelligenter Steuerung und dank Stromproduktion mit Solarzellen in ein Plusenergiegebäude verwandelt und dafür auch den Watt d’Or 2016 erhalten hat. Dank der intelligenten Steuerung von Beschattung und Licht und dem konsequenten Einsatz effizienter Technologie liess sich der Verbrauch des Bürogebäudes gegenüber einem durchschnittlichen Bürogebäude um 82 Prozent senken. Und dies ohne grosse bauliche Massnahmen.

Erste Schritte vor 30 Jahren

Hari baut Kleinbiogasanlagen, wie sie auf seinem Hof schon seit langem funktionieren. «1986 habe ich die erste Biogasanlage gebaut», erinnert er sich. Damals hätten ihn viele noch belächelt. Heute lacht niemand mehr und spätestens seit Hari eine kostendeckende Einspeisevergütung erhält, ist seine Produktion auch rentabel. Das produzierte Gas wandelt er seit 2005 mittels eines Blockheizkraftwerkes, das eigentlich nichts anderes ist als ein Automotor, in Strom und Wärme um. Als er zum ersten Mal Strom ins Netz einspeiste, drehte sich sein Zähler plötzlich Rückwärts, was zu den entsprechenden Anfangsdiskussionen mit dem Stromversorger führte. Diese Diskussionen sind längst Geschichte. Heute läuft Haris Anlage einwandfrei und produziert im Winter Wärme für zwei Häuser und Strom für seinen Betrieb und rund sechs weitere Hauhalte.
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Klein aber fein

Das Überraschende an seiner Anlage ist, dass sie trotz der Kleinheit einwandfrei funktioniert. Als sich Hari ursprünglich mit der Idee auseinandersetzt, erklärte man ihm, dass ein Betrieb erst ab 150 Grossvieheinheiten möglich sei. Verschiedene Projekte scheiterten an dieser Grösse. Mehrere Studien und Anläufe gab es ab 2007 beispielsweise im Raum Meiringen, die aus diesem Grund scheiterten. Vom Grössenargument wollte Hari sich aber nicht abhalten lassen. In seinem Stall standen zum Beginn lediglich 18 Kühe. Das weckte seinen Pioniergeist und er begann selber zu pröbeln. Heute stehen 15 Kühe in seinem Stall. Hinzu kommt noch Kaffeesatz als Co-Substrat. Das verleihe den Bakterienkulturen zusätzlichen Schub. «Wir trinken ja auch gerne einen Kaffee», meint Hari mit einem Augenzwinkern. So funktioniert die Biologie seiner Anlage einwandfrei und er produziert konstant Biogas.

Projekte in der Pipeline

Mit ihrem Pioniergeist sind Hari und Hänni zu einem Beispiel für der Kampagne «Energiestrategie Ja» geworden. Hari selber ist ein starker Verfechter dieser Reform – nicht zuletzt weil er inzwischen selber solche Biogasanlagen anbietet. Im Moment seien 25 Projekte in die Pipeline, die Zurückhaltung bei der Kundschaft sei im Moment aber gross. «Die Leute warten ab, was am 21. Mai geschieht», ist Hari überzeugt. Im Moment lässt sich so eine Biogasanlage nur mit der kostendeckenden Einspeisevergütung rentabel betreiben, selbst wenn man – wie bei Haris beispiel – mit möglichst einfacher Technologie arbeitet. Für die Installation einer solchen Anlage spricht er von Preisen zwischen 200’000 und 400’000 Franken.

 

Das ist zwar deutlich günstiger als bei konventionellen Biogasanlagen, die oftmals weit mehr als eine Million Franken kosten. Dennoch lägen die Stromkosten bei 20 bis 35 Rappen pro Kilowattstunde auch weil sich die Wärme von den oftmals abgelegenen Bauernhöfen nur in den seltensten Fällen verkaufen lasse, erklärt Hari. Doch für ihn ist das nicht die ganze Rechnung. «Mit unserer Anlage vernichten wir Methan», so Hari. Für den Klimaschutz ist das nicht unerheblich, da ein Kilogramm Methan 21 Mal so viel Treibhauswirkung wie die gleiche Masse CO2 hat. Könnte dies im Rahmen eines Klimaprojektes abgegolten werden, würde der Strompreis drastisch sinken. Für Hari ist auch nicht verständlich, wieso inzwischen von der BKW nur noch 4 Rappen pro Kilowattstunde vergütet werden. «Zu diesem Preis kann niemand Strom produzieren», ist Hari überzeugt – nicht einmal ein abgeschriebenes Kohlekraftwerk.

Grosses Potenzial

Das Potenzial von Biogasanlagen hat auch der Bauernverband erkannt, der die Energiestrategie 2050 ebenfalls unterstützt. «Mit einer starken und nachhaltigen Eigenversorgung kann die Wertschöpfung in der Schweiz gehalten werden», erklärt Hans Jörg Rüegsegger, Präsident des Berner Bauernverbandes. Die Bauern könnten einen substanziellen Beitrag zur Versorgung der Schweiz leisten. «Mist und Gülle in der ganzen Schweiz zusammengenommen hätten wir das Potenzial, ein Kernkraftwerk zu ersetzen», zitierte Rüegsegger Berechnungen des Schweizer Bauernverbandes. Es gäbe nicht viele Branchen, die ein solches Potenzial ausweisen könnten.

 

Auf der KEV-Warteliste stünden im Moment rund 5000 landwirtschaftlich geprägte Projekte. «Dazu kommen noch 142 Kleinbiogasanlagen dazu», so Rüegsegger. Bei einer Ablehnung der Strategie so fürchtet der Bauernpräsident, seien diese Projekte wohl hinfällig. «Die Energiebereitstellung wird uns in Zukunft so oder so etwas kosten», erklärte Rüegsegger, der dafür plädierte, dieses Geld in der Schweiz auszugeben – beispielsweise für Kleinbiogasanlagen. Für die Nachbarn der entsprechenden Betriebe hätte dies noch einen angenehmen Nebeneffekt: Vergorene Gülle stinkt nicht mehr. «Wegen des Co-Substrates riecht unsere schon fast ein wenig nach Kaffee», meint Hari mit einem Lachen.