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Insolight bringt die Sonne auf den Punkt

Die Module von Insolight erreichen einen Wirkungsgrad von bis zu 29%. Foto: Insolight

Das Lausanner Start-up Insolight entwickelt Solarpanels mit hohem Wirkungsgrad. Weil die Module lichtdurchlässig sind, könnten sie über landwirtschaftlichen Flächen eingesetzt werden. Ob die Module wirtschaftlich sind, hängt unter anderem von den Kosten des Verfahrens ab, mit dem die Zellen innerhalb der Module elektrisch verbunden werden. In einem vom BFE unterstützten Forschungsprojekt wird hierfür eine kostengünstige Methode entwickelt und erprobt.

Dr. Benedikt Vogel, im Auftrag des Bundesamts für Energie (BFE)

Bei der Energieversorgung von Raumsonden spielen Solarzellen eine zentrale Rolle. Da die verfügbare Oberfläche beschränkt ist, werden die Module mit Hochleistungssolarzellen bestückt, die aus dem Sonnenlicht ein Maximum an Strom erzeugen. Die Zellen haben einen komplexen Aufbau: Mehrere Schichten aus speziellen Halbleitern werden so gewählt, dass die Zellen Energie aus einem breiten Frequenzspektrum der solaren Strahlung aufnehmen. Die Hochleistungszellen erzielen Wirkungsgrade von über 40%. Das ist doppelt so viel wie bei den Silizium-Solarzellen, die üblicherweise auf Hausdächern verbaut werden.

Schematische Darstellung des Insolight-Moduls mit dem Namen «Translucency & High-Efficiency in Agrivoltaics» (THEIA): Auf der rückseitigen Trägerplatte befinden sich Solarzellen von 1 x 1 mm Grösse. Eine mit Linsen bestückte Glasplatte sorgt dafür, dass das Sonnenlicht gebündelt auf die Solarzellen fällt. Der Tagesverlauf der Sonne wird durch eine leichte Verschiebung der Bodenplatte ausgeglichen. Grafik: Insolight

Ein Modul, doppelter Nutzen

Photovoltaikmodule sind in aller Regel auf der gesamten Fläche mit Solarzellen belegt; sie sind nicht lichtdurchlässig und werfen Schatten. Auf den THEIA-Modulen von Insolight hingegen belegen die Solarzellen nur einen geringen Teil (< 0.5%) der Fläche, daher kann ein Teil des Sonnenlichts (diffuses Licht) die Trägerplatte aus Glas durchqueren. Der Grad der Lichtdurchlässigkeit lässt sich steuern, indem das einfallende Licht von den Hochleistungszellen weggelenkt wird.

Daraus ergeben sich zwei Betriebsmodi: Soll Strom produziert werden, wird die Solarstrahlung auf die Zellen fokussiert; diffuses Licht wird durch das Modul durchgelassen und direktes Licht in Elektrizität umgewandelt, was je nach Wetterbedingungen zu einer Transmission von 13 bis 66% des Umgebungslichts führt. Soll das Sonnenlicht hingegen grösstmöglich für die unter dem Modul liegende Vegetation benutzt werden, wird das Licht an den Zellen vorbeigelenkt; jetzt gehen bis zu 78% des Lichts durch das Modul, während die Stromproduktion auf Null sinkt.

Bei einer landwirtschaftlichen Nutzung des THEIA-Moduls wird dieses so gesteuert, dass die Pflanzen unter dem Modul optimal besonnt werden für die Photosynthese. Nur die «überschüssige» Sonnenstrahlung wird zur Stromproduktion verwendet. Dieser Aspekt ist wesentlich, um den landwirtschaftlichen Ertrag unter den Modulen nicht zu beeinträchtigen. Der Ertrag einiger Nutzpflanzen kann durch der Schutz vor starker direkter Sonneneinstrahlung sogar noch gesteigert werden. BV

Hochleistungs-Solarzellen werden zum Beispiel von der AZUR SPACE Solar Power GmbH in Heilbronn (Deutschland) hergestellt. Die Produkte der Firma sind deutlich teurer als klassische Siliziumzellen, was beim Einsatz in der Raumfahrt kaum ein limitierender Faktor ist. Um die Zellen auf der Erde wirtschaftlich einzusetzen, bedarf es eines «Tricks»: Man bündelt das einfallende Sonnenlicht mit einer Schicht aus Linsen auf die Hochleistungszellen, wo es in Strom umgewandelt wird. In der Konzentrator-Photovoltaik (CPV) muss nicht die ganze Modulfläche mit Halbleitermaterial beschichtet werden, wie das bei den klassischen Silizium-Modulen der Fall ist, sondern nur die Fokuspunkte, die typischerweise 100 bis 800 mal kleiner sind als die Oberflächen der Linsen (vgl. Grafik 01).

Die Herstellung eines CPV-Solarmoduls braucht viel weniger Halbleitermaterial, was die Nutzung von Hochleistungszellen bei akzeptablen Strom-Gestehungskosten erlaubt. Voraussetzung für den Einsatz von CPV ist ein genügend hoher Anteil an direkter Einstrahlung.

Miniaturisiertes Tracking-System

Konzentratormodule mit Hochleistungssolarzellen, die genau so einfach zu installieren und zu unterhalten sind wie klassiche Solarpanels – das ist die Geschäftsidee der Insolight SA. Das Start-up wurde 2015 von Laurent Coulot und weiteren Absolventen der École polytechnique fédérale de Lausanne (EPFL) gegründet und umfasst heute ein 16-köpfiges Team, das auf dem Innovationscampus der EPFL arbeitet. Insolight verbaut Hochleistungssolarzellen von AZUR SPACE Solar Power in einem eigens entwickelten Konzentratormodul. Bei den Zellen handelt es sich um sogenannte Dreifachübergangszellen (‹triple junction cells›; siehe Schema 09). Auf einem Quadratmeter Modulfläche sind 5000 Zellen von jeweils einem Quadratmillimeter Grösse platziert. Die Module bestehen aus einer mit Linsen bestückten Glasplatte, welche das Sonnenlicht auf die darunter liegenden Zellen fokussiert. «Im Tagesverlauf führen wir die Rückwand mit den Zellen wenige Millimeter nach, damit das Sonnenlicht immer exakt auf die Zellen trifft», sagt David Schuppisser, Marketingchef von Insolight. Die Bewegung der Rückwand besorgen in jedem Solarmodul drei elektrisch betriebene Aktuatoren, die aus der Autoindustrie stammen. «Wir haben das Tracking-System miniaturisiert; das ist die Schlüsselinnovation der Insolight-Module», so Schuppisser.

Insolight-Module haben einen höheren Wirkungsgrad als klassische Silizium-Module, sind allerdings auch teurer in der Herstellung. Grafik: Insolight

In Labortests am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (Freiburg/D) erreichten die Solarmodule von Insolight einen Wirkungsgrad von 36.4%. Doch ein hoher Wirkungsgrad allein reicht nicht; Module müssen zu Preisen hergestellt werden, die die Produktion von marktfähigem PV-Strom ermöglichen. Ein Knackpunkt hierbei ist die elektrische Verbindung der Solarzellen. Für diese Verschaltung wird heute in der Regel das ‹Wire-Bonding› genutzt, eine Methode, bei der ein Kontakt nach dem anderen aufgetragen wird. Für die Insolight-Module mit ihrer grossen Anzahl von Zellen ist dieses Verfahren zeitaufwändig und teuer.

Fünf Jahre nach der Gründung zählt das Lausanner Jungunternehmen Insolight 16 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Foto: Insolight

Neuartiges Beschichtungsverfahren

In einem vom BFE unterstützten Forschungsprojekt im Rahmen des europäischen Netzwerks Solar-ERA.NET erprobt Insolight eine neue Technik, die einzelnen Solarzellen zu verbinden. Ein Forscherteam der Polytechnischen Universität Madrid hat das Verfahren mit dem englischen Unternehmen Dycotec Materials Ltd. (Swindon) entwickelt. Die Zellverbindung erfolgt über ultraharte Nanopartikel, die schichtweise aufgedruckt werden. «Das Verfahren wurde bisher für einzelne Zellen erfolgreich getestet», sagt Mathieu Ackermann, Technikverantwortlicher (CTO) von Insolight. «Im nächsten Schritt wollen unsere Partner mit dem neuen Verfahren ein funktionales Modul von begrenzter Grösse herstellen, das wir anschliessend bei Insolight testen.»

Aufbau der Dreifachübergangs-Solarzellen der deutschen Herstellerin AZUR SPACE, die in den Insolight-Solarmodulen verbaut werden: Die Solarzelle besteht aus drei übereinander gestapelten ‹Teil-Solarzellen›, die jeweils einen Anteil (Frequenzbereich) des Sonnenlichts in Strom umwandeln. Die Teil-Solarzellen bestehen aus Gallium-Indium-Phosphid (GaInP), Gallium-Indium-Arsened (GaInAs) und Germanium (Ge), verbunden jeweils durch Tunneldioden. Bei genauer Betrachtung besteht die Zelle aus 35 Materialschichten, die mit dem Epitaxie-Verfahren (Gasphasenabscheidung) aufgetragen werden. Die einzelnen Schichten sind 0,015 bis 2,5 Mikrometer stark, alle zusammen rund 8 Mikrometer. Zusammen mit dem Substrat kommt die Solarzelle auf rund 208 Mikrometer. Illustration: AZUR SPACE

Mit diesem Modul wäre ein wichtiger Zwischenschritt erreicht. Die nächste Herausforderung besteht dann in der Verbesserung und Industrialisierung des Verfahrens zur Produktion von Standardmodulen in grosser Stückzahl. «Wenn wir hierbei erfolgreich sind, wird das die Herstellungkosten unserer Module signifikant reduzieren», blickt Mathieu Ackermann in die Zukunft. Mittelfristig will Insolight Solarmodule für spezielle Anwendungen zu marktfähigen Preisen herstellen.

Hybridmodule und Agrophotovoltaik

Das Start-up Insolight zielt mit seinen Solarmodulen auf den Markt der Agrophotovoltaik (engl. agrivoltaic). Foto: Insolight

Die Westschweizer Jungunternehmer sehen für ihre CPV-Technologie zwei Einsatzfelder. Das eine ist der Bau von Hybridmodulen, die sowohl aus Hochleistungszellen als auch aus klassischen Siliziumzellen bestehen: Bei starker direkter Sonneneinstrahlung kommen die CPV-Zellen zum Tragen, bei diffuser Strahlung hingegen vorwiegend die Siliziumzellen. Die Hybridmodule mit einem maximalen Wirkungsgrad von 29% versprechen hohe Jahreserträge (30 bis 40% über dem Ertrag herkömmlicher Module, abhängig von den klimatischen Bedingungen). Ihre Vorteile können sie vor allem in südlichen, sonnenreichen Gebieten ausspielen, ebenso im kontinentalen Klima wie in der Schweiz, nicht aber in sehr wolkenreichen Landstrichen wie Grossbritannien. Im Zuge des 2019 gestarteten und auf vier Jahre angelegten EU-Projekts HIPERION unter der Leitung des Forschungs- und Innovationszentrums CSEM (Neuenburg) sollen die Hybridmodule industrialisiert werden. An dem Projekt sind europaweit 16 Partner beteiligt, darunter das Mechatronikunternehmen Sonceboz SA (Sonceboz-Sombeval/BE) und die 3S Solar Plus AG (Thun/BE), die Solardächer entwickelt und produziert.

Die Dreifachübergangs-Solarzelle (rechts) erreicht einen höheren Wirkungsgrad als die klassische Siliziumzelle (links), da sie dank ihres Aufbaus ein breiteres Frequenzspektrum des Sonnenlichts für die Stromproduktion nutzt. Gleichzeitig ist die Dreifachübergangs-Solarzelle pro Flächeneinheit auch deutlich teurer als eine Siliziumzelle. Illustration: AZUR SPACE

Gute Marktchancen sehen die Insolight-Manager auch in den transparenten CPV-Modulen (unter dem Namen ‹THEIA-Module›), die ebenfalls einen Spitzen-Wirkungsgrad von 29% aufweisen. Sie richten ihre Hoffnung auf den Umstand, dass diese Module sich aufgrund ihrer Lichtdurchlässigkeit klar von konventionellen Modulen unterscheiden. «Wir wollen die THEIA-Module zur Stromproduktion über landwirtschaftlichen Flächen einsetzen, zum Beispiel auf dem Dach von Gewächshäusern oder im Freiland auf Reihenkulturen wie Reben oder Himbeeren, die bereits mit einem Hagel- oder Regenschutz ausgerüstet sind und daher ohne grossen Aufwand mit Solarmodulen bestückt werden können», sagt David Schuppisser. Im laufenden Jahr sollen die ersten Agrophotovoltaik-Pilotanlagen entstehen.

Mehr Informationen zum Projekt ‹ENMESH Enabling Micro-ConcEntrator PhotovoltaicS with Novel Interconnection MetHods (Solar-ERA.NET)› sind abrufbar unter: https://www.aramis.admin.ch/Texte/?ProjectID=40686

Weitere Fachbeiträge über Forschungs-, Pilot-, Demonstrations- und Leuchtturmprojekte im Bereich Photovoltaik finden Sie unter www.bfe.admin.ch/ec-pv.