Statt jedes Jahr tausende Liter Heizöl zu verbrennen, könnten Ein- und Mehrfamilienhäuser sowohl ihren Heizwärmebedarf als auch ihren Stromverbrauch im Winter mit einem solaren Energiespeicher in Form von Aluminium decken. Was abenteuerlich klingt, ist die praktische Anwendung neuer Ansätze für die saisonale Energiespeicherung wie das SPF Institut für Solartechnik an der Hochschule für Technik Rapperswil mitteilt.
Pressedienst
Weil Energie-Angebot und Energie-Nachfrage stark auseinander klaffen können, sind bei einem grossen Anteil an erneuerbaren Energien im Strommix effiziente und bezahlbare Energiespeicher notwendig. Wichtig hierbei: Etwa die Hälfte des gesamten Energiebedarfs der Schweiz wird für Wärme benötigt – in Privathaushalten und in der Industrie, etwa 30% wird für die Mobilität verwendet und nur gerade 20 bis 25% des Bedarfs fällt in Form von elektrischer Energie an.
Demgegenüber steht die Verfügbarkeit von Erneuerbaren Energien, wie hier am Beispiel der Solarenergie. In den Sommermonaten gibt es im Vergleich zum Bedarf hohe Überschüsse. Um vor diesem Hintergrund die Vision eines Energiesystems zu realisieren, das zu 100 Prozent auf erneuerbaren Energien basiert, muss die im Sommer im Überfluss vorhandene Energie bis in den Winter gespeichert werden können. Bisher verfügbare Technologien für diesen Zweck sind kostenintensiv und benötigten sehr grosse Speichervolumen. Forscher der HSR Hochschule für Technik Rapperswil untersuchen deshalb nun ein neues Konzept, mit dem in Zukunft zeitweise überschüssige Solarenergie in Aluminium gespeichert werden kann. Dieses hat, bezogen auf das Volumen, eine doppelt so hohe Speicherdichte wie Erdöl.
Enorme Speicherkapazität für Energie
Der hohe Energiebedarf für die Produktion von Aluminium wird meist als Nachteil betrachtet. Wenn man jedoch, wie die Forscherinnen und Forscher des SPF Institut für Solartechnik an der HSR, Aluminium als Speichermedium für Solarenergie betrachtet, wird dieser vermeintliche Nachteil zu einem Vorteil: Kann die zur Herstellung von Aluminium benötigte Energie danach auch wieder frei gesetzt werden, so entspricht dies einem Energiespeicher. Tatsächlich kann die im Aluminium gebundene chemische Energie mithilfe einer Hydrolyse-Reaktion mit einem hohen Wirkungsgrad wieder entzogen werden. Dabei entstehen grosse Mengen an Wärme sowie Wasserstoff. Die Wärme kann direkt genutzt werden, während der frei werdende Wasserstoff mittels einer Brennstoffzelle für die Produktion von Strom eingesetzt werden kann. Diese elektrische Energie deckt dann im Winter den Haushaltsstrombedarf, und kann über eine Wärmepumpe auch wieder zur Erzeugung von Wärme genutzt werden.
Die Forschenden der HSR haben berechnet, dass ein Aluminiumspeicher mit deutlich weniger als einem halben Kubikmeter Raumvolumen – also etwa so gross wie eine Waschmaschine – reichen würde, um ein Einfamilienhaus nach heutigem Baustandard und Energiebedarf über einen Winter hindurch sowohl mit Strom als auch mit Wärme zu versorgen. Das «Abfallprodukt», das beim Entziehen der Energie aus dem Aluminium übrig bleibt, ist Aluminiumhydroxid. Dieses kann gesammelt und anschliessend in Zusammenarbeit mit regionalen Energieversorgern für die Speicherung von neuer Energie mittels Schmelzflusselektrolyse wieder in Aluminium umgewandelt werden. Statt also jedes Jahr tausende Liter Heizöl in den Keller zu pumpen, würde künftig eine «Waschmaschinen-Ladung» voll Aluminium als «Brennstoff» ausreichen.
Forschungsprojekt gestartet
Das Institut für Solartechnik SPF entwickelt nun in einem vom Bundesamt für Energie geförderten Projekt das Konzept eines saisonalen Energiespeicherzyklus mit Aluminium. Aus der chemisch gespeicherten Energie soll Wärme und Strom für das Beheizen und die Stromversorgung von Gebäuden gewonnen werden. Untersucht wird nicht nur die Umwandlung von Aluminium in Wasserstoff und Wärme sowie die Verwertung des Wasserstoffs in einer Brennstoffzelle, sondern auch die Rückwandlung des dabei entstehenden «Abfallprodukts» Aluminiumhydroxid in reines Aluminium mittels Solarstrom betriebener Schmelzflusselektrolyse.