Nach den Corona-Einschränkungen sorgt nun die grosse Nachfrage nach erneuerbaren Heizsystemen für Kapazitätsengpässe. Die Hersteller reagieren mit dem Ausbau ihrer Produktionen und warnen gleichzeitig vor Kurzschlusshandlungen.
Schweizerischer Verband für Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik
Der Blick auf die Schweizer Absatzzahlen von erneuerbaren Heizsystemen würde vermuten lassen, dass sich der Markt langsam auf hohem Niveau einpendelt. So betrug gemäss der Marktzahlenerfassung des Branchenverbandes GebäudeKlima Schweiz das Wachstum bei Wärmepumpen im dritten Quartal gegenüber dem Vorjahr noch knapp 3 Prozent, im zweiten Quartal waren es gut 21 Prozent. Darin nicht enthalten sind jedoch die vorbestellten Wärmepumpen. «Aktuell schätzen wir, dass wir zusätzlich rund 25 Prozent des diesjährigen Absatzes an Wärmepumpen als ausstehende Bestellungen mit ins neue Jahr nehmen», gibt Jörg Benz ein Beispiel stellvertretend für viele in der Branche. Er ist Geschäftsführer des GebäudeKlima-Schweiz-Mitglieds Bosch Thermotechnik AG, zu dem auch die Marke Buderus gehört.
Der Grund für die ausstehenden Bestellungen sind nicht mehr in erster Linie stockende Zulieferketten wegen Corona-Einschränkungen. Vielmehr ist die Nachfrage in den letzten Monaten schlicht enorm gestiegen – europaweit. «In Italien beispielsweise hat sich die Nachfrage dieses Jahr verdoppelt. Ein ähnliches Bild zeigt sich in Frankreich», erklärt Jörg Benz. In diesen Ländern seien zudem nicht nur die Dimensionen anders als hierzulande, auch das Wachstum sei im Vergleich überproportional. «Während in der Schweiz bis Mitte Jahr gut 18’000 Wärmepumpen verkauft wurden, waren es in Frankreich rund 180’000, also das Zehnfache. Obwohl der Markt nur sechsmal so gross ist.» Zurückzuführen sei dieser plötzliche Boom in der EU unter anderem auf die Energiekrise sowie auf entsprechende Förderprogramme beziehungsweise Regelungen.
Ausbau der Produktion
Um die Nachfrage zu decken, sind Hersteller mit Hochdruck daran, die Produktion so rasch wie möglich auszubauen. So betreibt auch die Bosch-Gruppe weltweit bereits heute vier Produktionsstandorte. Unter Einbezug der Lieferkapazitäten der Zulieferer, deren Komponenten aufgrund der gestiegenen Nachfrage ebenfalls sehr gefragt sind, schätzt Jörg Benz, dass Bosch Thermotechnik die Produktion auf das nächste Jahr um 25 bis 30 Prozent steigern kann. «In Anbetracht der ausstehenden Bestellungen reicht das aber noch lange nicht», ist er sich bewusst. Er warnt entsprechend auch für nächstes Jahr vor teilweise langen Lieferfristen. Sein Tipp deshalb an Planer und Installateure: «Sprechen Sie eine anstehende Heizungserneuerung früh genug an und überzeugen Sie Hausbesitzende, die Planung nicht im letzten Moment, sondern am besten schon ein Jahr im Voraus zu beginnen.»
Zeitmangel verhindern
Eine frühe Planung hilft, allfällige Lieferverzögerungen abzufedern, macht aber auch aus weiteren Gründen Sinn. So stehen Planer und Installateure aktuell ebenfalls enorm unter Druck, aufgrund der grossen Nachfrage und gleichzeitigem Fachkräftemangel. Gleichzeitig erfordert die Planung einer Heizungserneuerung viel Knowhow und Zeit. Eine Wärmepumpe muss individuell auf ein Gebäude und die Anforderungen abgestimmt sein. Auch deren sorgfältige Installation, Programmierung und Inbetriebnahme dürfen nicht vernachlässigt werden.
«Der grösste Fehler ist sicher, bei diesen Punkten wegen Zeitmangel zurückzustecken», so Jörg Benz. «Entspricht die neue Heizanlage am Schluss nicht den erwarteten Leistungen bezüglich Komfort, Schallemissionen oder Effizienz, ist niemandem geholfen.» Auch ein Ausweichen auf eine kurzfristig verfügbare, aber allenfalls weniger zum Objekt passende Wärmepumpe sei entsprechend keine gute Idee. Im Notfall rät der Profi sogar dazu, besser noch für zwei Monate auf eine elektrische Notlösung zu setzen, als danach über 25 Jahre unzufrieden zu sein. «Schliesslich investiert man doch einiges bei einer Heizungserneuerung und hat dafür auch die beste Qualität verdient.»