Nach einigen Jahren erreichen E-Auto-Batterien nicht mehr die erforderliche Kapazität, um das Fahrzeug effizient mit Energie zu versorgen. Dennoch besteht die Option, diesen Batterien ein zweites Leben einzuhauchen. Trotz der technischen Möglichkeit wird dies in der Praxis bisher nur selten umgesetzt. Einerseits sind aktuelle E-Batterien noch im Einsatz, andererseits mangelt es vielen Menschen an Kenntnissen über die verfügbaren Optionen. Abgesehen von den offensichtlichen Vorteilen in Bezug auf Ressourcenschonung und CO2-Minimierung bietet die Wiederverwendung ausserhalb des E-Autos auch finanzielle Vorzüge.
Text: Linda Wachtarczyk
Eine kostengünstige und ressourcenschonende Alternative zu neuen Batterien existiert bereits heute: Das Start-up upVolt widmet sich der Nutzung von Second-Life-Lithium-Ionen-Batterien. Das Hauptziel besteht darin, die maximale Nutzung und Lebensdauerverlängerung von Batterien zu erreichen. Dies geschieht nicht nur, um die eingesetzten Ressourcen und Arbeitsprozesse effizient zu nutzen, sondern auch, um das Recycling möglichst weit nach hinten zu verschieben und einen Schritt in Richtung Kreislaufwirtschaft zu machen. Anders ausgedrückt: Das Leben einer Lithiumbatterie endet nicht nach dem ersten Verwendungszyklus. «Wir beschleunigen die Integration erneuerbarer Energiequellen durch kosteneffiziente Lösungen für die Zweitnutzung von Energiespeichern», beschreibt Lukas Oppler von upVolt das Unternehmensziel. Somit bietet upVolt konkrete technische Lösungen auf dem Weg zur CO2-Neutralität.
Aus Neugier testeten die Gründer vor drei Jahren entsorgte Batterien von E-Bikes und stellten zu ihrer Überraschung fest, dass mehr als die Hälfte noch voll funktionsfähig war. Obwohl sie für den Betrieb von E-Bikes und Laptops zu schwach waren, konnten sie in den meisten Fällen durch den Austausch von Komponenten repariert werden. Was bei upVolt mit der Reparatur und dem Upcycling von Batterien für E-Bikes begann, erstreckt sich nun auch auf Batterien für Elektroautos. Das Unternehmen zeigt, dass die Restspeicherkapazität, die nicht mehr für die Mobilität geeignet ist, immer noch hervorragend für stationäre Speicherlösungen genutzt werden kann. «Wenn eine Batterie von Elektroautos mit einer Restkapazität von etwa 80% nicht mehr für weite Strecken geeignet ist, können wir damit immer noch funktionsfähige Heimspeicher herstellen. Das lässt sich beliebig skalieren», erklärt Lukas Oppler zur Wiederverwendung.
Da diese Batterien eine geringere Energiedichte aufweisen als neue, eignen sie sich besonders gut für den stationären Gebrauch. Die grossen und schweren Speicher können besser untergebracht werden, und durch die schonendere Nutzung im Heimgebrauch können die Speicher eine ähnliche Lebensdauer erreichen wie die Batterien, die zuvor in Autos verwendet wurden.
Wegbereiter für CO2-Reduktion und kosteneffiziente Speicherlösungen
Im Angesicht der internationalen Bemühungen, CO2-neutral zu werden, ist es entscheidend, in vielfältige Richtungen zu denken, um unsere Mobilitätskonzepte und Energienutzung zu optimieren. Angesichts der bisherigen energie- und ressourcenintensiven Produktion von Energiespeichern sind innovative Lösungen für die Weiterverwendung von grosser Bedeutung. Der beträchtliche Einfluss wird deutlich, wenn man bedenkt, dass jede Second-Life-Batterie im Vergleich zu einer neuen Batterie die CO2-Emissionen um 70% reduziert.
Die ausgemusterten E-Batterien können nicht nur als Heim-, Quartier- oder Industriespeicher dienen, sondern ermöglichen auch Einsparungen bei den Anschlusskosten und eine Erhöhung des Eigenverbrauchs. Darüber hinaus tragen diese Speicher zur Netzstabilität bei, was insbesondere für Energieunternehmen von Interesse ist. Anlagenbesitzende haben die Möglichkeit, ihren Verbrauch vom Netz zu entkoppeln und Lastspitzen durch Peakshaving zu kappen. Auch für Eigentümer ohne ausreichende Netzkapazität sind solche Speicher interessant, da sie die Eigenproduktion von Strom ermöglichen, ohne dass ein Netzausbau erforderlich ist.
Lukas Oppler von upVolt erklärt: «Trotzdem rentiert sich ein Heimspeicher im Moment wirtschaftlich nie. Die Hauptmotivation für einen Kauf ist für Anlagenbesitzende oft das Streben nach Energieautarkie und finanzieller Planungssicherheit.» Dies könnte sich jedoch nicht nur durch das Warten auf günstigere Produktionen, sondern auch durch den Einsatz von Second-Life-Batterien ändern. Während man für ein Komplettsystem derzeit etwa 1000 Franken pro gespeicherter kWh bei einem europäischen Hersteller und etwa 800 Franken bei asiatischen Produkten zahlt, sind die Batterien von upVolt ungefähr 20–30% günstiger als bei einem Neukauf. Da es derzeit noch nicht viele ausgemusterte E-Auto-Batterien gibt und die Arbeiten manuell verrichtet werden, können die Kosten jedoch noch nicht genau beziffert werden, denn die Prozesse können auch noch nicht skaliert werden. Laut einer Studie von BloombergNEF gehen die Forschenden ebenfalls davon aus, dass der Preis für gebrauchte EV-Batterien bis zu 70% der Kosten neuer Batterien ausmachen könnte.
Upcycling kommt vor Recycling
Die ursprüngliche Lebensdauerschätzung für Batterien in Elektrofahrzeugen betrug etwa zehn Jahre. Aktuelle Erkenntnisse zeigen jedoch, dass diese Schätzung unter der tatsächlichen Nutzungsdauer lag, was erfreulich ist. Diese längere Lebensdauer kommt auch der Zweitnutzung zugute, deren genaue Dauer sich in den kommenden Jahren zeigen wird.
Der Prozess der Wiederverwendung von Batterien erscheint grundsätzlich simpel. Zunächst werden die Akkus gesammelt. Bei upVolt stammen die Batterien aus verschiedenen Quellen, von Privatpersonen, Recyclinghöfen, Versicherungen und nun auch direkt von Herstellern. Aufgrund der unterschiedlichen Strukturen der Batterien verschiedener Hersteller und Modelle konzentriert sich upVolt auf einen bestimmten Typ, insbesondere auf die Batterien des Renault Zoe, die leicht aus den Fahrzeugen ausgebaut und wiederverwendet werden können.
Um die Restkapazität und die Funktionalität zu ermitteln, werden die Akkus getestet und sortiert. Die Kapazität variiert zwischen den Batterien, und solche mit einer Restkapazität von etwa 80% können für die Weiterverwendung in Betracht gezogen werden. Bei einem Renault Zoe entspricht dies derzeit einer Speicherkapazität von 17-32 kWh pro E-Auto. Die Batterien werden dann massgeschneidert in das jeweilige Projekt eingebaut und können so weitere 10-15 Jahre genutzt werden.
Kreative Ansätze wie dieser eröffnen enorme Möglichkeiten für die Zukunft, Energie speichernde Methoden in einen geschlossenen Kreislauf zu integrieren. Europaweit gibt es verschiedene Start-ups, die sich mit dem Upcycling von Batterien befassen. Eine Projektgruppe von CircuBAT forscht derzeit daran, wie der Upcycling-Prozess automatisiert werden kann. Es sind also noch viele Innovationen zu erwarten.