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DIE SSES FEIERT IHR 50-JÄHRIGES BESTEHEN

2024 ist ein ganz besonderes Jahr für die Schweizerische Vereinigung für Sonnenenergie SSES: Am 22. Juni 1974 wurde sie im Kontext vielschichtiger globaler Ereignisse gegründet und feiert damit ihr 50-jähriges Bestehen. Am 25. Mai nach der jährlichen Delegiertenversammlung fand in Biel das grosse SSES-Jubiläumsfest mit vielen Referaten und Diskussionen statt.

 

Text: Beat Kohler

Die Ölkrise war 1973 auf ihrem Höhepunkt angelangt und zwang die Schweiz zu kreativen Massnahmen, um den Energieverbrauch zu senken. Parallel dazu regte der Club of Rome mit seinem 1972 erschienenen Bericht «Die Grenzen des Wachstums» zum Nachdenken über eine nachhaltige und generationengerechte Zukunft an. Auch wenn die Wärme der Sonne bereits seit Jahrtausenden von den Menschen genutzt wird, so wurde das vielseitige Nutzungspotenzial der Sonnenenergie in der Schweiz erst ab den 1970er-Jahren systematisch erforscht und damit neue Perspektiven für eine erneuerbare Energiezukunft geschaffen.

 

Geschäftsführerin Carole Klopfstein und ihr Team begrüssten die Gäste am Welcome-Desk.

VOM AUSSENSEITER ZUM ZENTRALEN PFEILER

Doch die Idee, die Solarenergie als Alternative zu fossilen Brennstoffen zu nutzen, löste viele Ängste und Stirnrunzeln aus. Wie so oft bei solchen Entwicklungen war es die Zivilgesellschaft, die hier eine Vorreiterrolle einnahm. So kam es, dass sich am 22. Juni 1974 mutige Vordenkende aus der ganzen Schweiz trafen und die Schweizerische Vereinigung für Sonnenenergie SSES gründeten. Sie ist damit eine der ersten Umweltorganisationen der Schweiz. Nun, 50 Jahre später, sind die Herausforderungen zwar nicht weniger geworden, aber der technologische Fortschritt ermöglicht uns zahlreiche Alternativen für ihre Bewältigung. Der Solarboom in den vergangenen zwei Jahren zeigt eindrücklich auf: Solarenergie ist bereits heute eine tragende Säule der Energiewende und kann in jeder Farbe und Form zum Einsatz kommen.

In solch turbulenten Zeiten geht leider immer wieder mal vergessen, dass in den vergangenen Jahrzehnten in Sachen technologischer Fortschritt und gesellschaftlicher Wandel viel erreicht wurde. Die ganze Entwicklung im Solarbereich war nur dank der vielen zivilen und unternehmerischen Kräfte in Organisationen wie der SSES möglich. Dafür gebührt der Dank allen, die sich über Jahre unermüdlich für die Solarenergie eingesetzt haben. Ihren Beitrag zur Energiewende feierte die SSES am Jubiläumsfest in Biel. Kurzfristig musste noch die Lokalität angepasst werden, doch das tat der festlichen Stimmung keinen Abbruch.

Eva Wyss, Leiterin der Dienststelle Umwelt der Stadt Biel, richtete ein Grusswort an die rund 150 Gäste.

BLICK ZURÜCK UND NACH VORN

«Die SSES gestern, heute und morgen», unter diesem Motto traten in Biel verschiedenste Persönlichkeiten aus dem Solarbereich in einem zweiteiligen Programm auf. Eröffnet wurde der Anlass von SSES-Vizepräsident Christian van Singer. Er zeigte die grossen Herausforderungen auf, vor denen die Gesellschaft auch nach 50 Jahren SSES noch immer steht. Er wies aber auch auf die ersten Erfolge hin, die zu verzeichnen sind: eine steigende lokale Produktion von erneuerbaren Energien und – zumindest in der Schweiz – langsam sinkende Emissionen. Die grösste Herausforderung sei aber weiterhin, die Treibhausgasemissionen noch viel stärker zu senken und die Auslandabhängigkeit zu reduzieren, so van Singer.

Gemeinsam blickten die Gäste zurück auf 50 Jahre SSES.

 

VON DER TOUR DE SOL BIS ZUR GEGENWART

Die Solarpioniere Josef Jenni, Jenni Energietechnik, und Jean-Louis Scartezzini, Professor für Physik an der EPFL und seit 1994 Leiter des Labors für Solarenergie und Bauphysik, nahmen die rund 150 Gäste im Anschluss mit auf eine Reise in die Vergangenheit und zeigten auf, welche Herausforderungen die SSES in den letzten 50 Jahren gemeistert hat. Dazu zählen allgemeine Entwicklungen wie die inzwischen unbestritten hohe Akzeptanz erneuerbarer Energien. Einen wesentlichen Anteil daran dürfte die Tour de Sol ab 1985 gehabt haben, die der Solarenergie über viele Jahre eine hohe Präsenz in der Öffentlichkeit garantierte. Jenni blickte zurück auf die ersten Rennen und zeigte einige der Gefährte, die damals für Furore sorgten. Auch auf politische Erfolge blickte er zurück und machte zum Schluss noch eine Anregung für die Zukunft. Wenn vermehrt Solarstrom zum Aufheizen von Wärmespeichern eingesetzt werden könnte, würde das die Wärme- wende beschleunigen und das Problem der Sommerspitzen verringern. Auch Scartezzini blickte in die Zukunft, wenn er beispielsweise die Chancen der solaren Nanotechnologie für künftige Entwicklungen an und auf Gebäuden herausstrich.

 

Solarpionier Josef Jenni blickte auf die Tour de Sol zurück, die der Solarenergie in der Schweiz vor 40 Jahren zu einem positiven Image verhalf.

WER BRINGT DIE ENERGIEWENDE AUF DIE DÄCHER?

Andreas Häberle, Leiter des Instituts für Solartechnik der Ostschweizer Fachhochschule OST, schlug ebenfalls eine Brücke zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart. So blickte er zuerst zurück auf die Gründung der International Solar Energy Society im Jahr 1954, die schon in den 1970er-Jahren eine Welt proklamierte, die zu 100 Prozent effizient mit erneuerbar produzierter Energie versorgt werden sollte. Vor allem die Ölkrise gab damals den Anstoss, auch in der Schweiz. «Doch aus der Angst, dass das Öl ausgeht, wurde die Angst, dass es nicht ausgeht», erklärte Häberle. Denn heute soll mit der Solarenergie ja vor allem auch der CO2-Ausstoss verringert werden. Das stelle die Welt vor neue Herausforderungen. Denn bisher ist das Wirtschaftswachstum parallel zur Zunahme der Treibhausgasemissionen verlaufen. Doch diese Emissionen müssen rasch stark sinken, ohne dass auch das Bruttoinlandprodukt weltweit sinkt – eine Aufgabe, die nicht ganz einfach zu bewältigen ist. «Mit Solarenergie kann die Energiewende klappen. Wir haben die Technik, die es braucht. Vor 50 Jahren war das noch anders», so Häberles Fazit. Notwendig sei aber, dass es mehr Menschen gebe, die die Technik auf die Dächer und in die Keller bringen. Von der SSES unterstützte Bewegungen wie der Selbstbau und die Solargenossenschaften können hier einen Beitrag leisten.

EINIGKEIT ÜBER DAS ZIEL, DIFFERENZEN BEIM WEG

Im abschliessenden Solardialog wurde über die heutigen Herausforderungen und die Zukunft der Solarenergie gesprochen. Mitdiskutiert haben Christian Schaffner von der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich, Jürg Rohrer von der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZHAW), die Nationalrätinnen Delphine Klopfenstein Broggini und Gabriela Suter sowie Wieland Hintz vom Bundesamt für Energie (BFE). Dabei ging es vor allem um aktuelle Themen, wie alpine Solaranlagen, die durchaus umstritten sind. Auch die Ausgestaltung der Verord- nung zum neuen Bundesgesetz für eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien wurde kontrovers diskutiert. Grundsätzlich war man sich auf dem Podium aber einig, dass der Solarenergie in unserem Energiesystem die Zukunft gehört.

 

Sie führten einen intensiven Dialog zur Zukunft der Solarenergie (v l. n. r.): Christian Schaffner, ETH Zürich, Wieland Hintz, BFE, die Nationalrätinnen Delphine Klopfenstein Broggini und Gabriela Suter, Swissolar, sowie Jürg Rohrer, ZHAW.

DER EINSATZ MUSS WEITERGEHEN

«Sonnenenergie wird von keiner Person, egal ob bürgerlich, progressiv, grün, links oder rechts, mehr ernsthaft in Zweifel gezogen und gehört in der Regel bei jeder Sanierung und bei jedem Neubau geprüft. Dies war nur möglich durch unermüdliche Überzeugungsarbeit, durch praktisches Bauen und Löten von Kollektoren sowie fachliche und emotionale Kompetenz», erklärte Walter Sachs, Präsident der SSES und von VESE, bei seinen abschliessenden Worten. Solarenergie sei definitiv zur Hauptenergiequelle der nahen Zukunft aufgestiegen. Dennoch gebe es mit einigen Elektrizitätswerken, der Gas- und Ölindustrie sowie der Nuklearindustrie nach wie vor eine aktive Gegnerschaft, die den Einsatz der SSES weiterhin notwendig mache. Er griff auch das auf dem Podium diskutierte Thema der Effizienz und Suffizienz auf. Es müsse noch viel stärker darum gehen, mit möglichst wenig Energie möglichst viel zu erreichen. «Hier sind wir alle gefordert, uns nebst dem weiteren Solarausbau dafür einzusetzen, den Energieverbrauch wieder auf ein Mass zurückzuschrauben, das umweltverträglich und nachhaltig ist», so Sachs.

Mindestens so wichtig wie die Referate waren die Gespräche beim Apéro. Auch Wieland Hintz vom BFE nutzte die Möglichkeit für den Austausch.