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Die Schweiz lebt auf Pump

Der 12. April markiert den Energie-Unabhängigkeitstag der Schweiz 2022. Bis zu diesem Zeitpunkt reichen die einheimischen Ressourcen, um den Energiebedarf der Schweiz zu decken, wie die Schweizerische Energiestiftung SES berechnet hat. Danach ist die Schweiz in der Bilanz bis zum Jahresende auf importierte Energieträger wie Öl, Gas und Uran angewiesen. Die Energiewende birgt die Chance, den Energie-Unabhängigkeitstag weiter nach hinten zu verschieben.

SES/Redaktion

Die Energieversorgung der Schweiz ist geprägt durch eine hohe Auslandabhängigkeit. Drei Viertel unserer Energie wird über weite Distanzen importiert, dazu gehören alle Erdölprodukte, Erdgas sowie die Kernbrennstoffe. Für den Import überweisen wir im Durchschnitt jährlich 10 Milliarden Franken ins Ausland. Sinnbildlich für die hohe Auslandabhängigkeit bei der Energieversorgung steht der so genannte «Energie-Unabhängigkeitstag», den die SES berechnet hat. Die Berechnung dieses Tages gibt an, bis zu welchem Tag im Jahr die Schweiz vom Ausland unabhängig ist, d.h. ihre inländische Produktion aufbraucht. Von diesem Zeitpunkt an leben wir bei der Energieversorgung auf Pump, sind also vom Ausland abhängig.

Mit einer Energieunabhängigkeitsquote von 28,1% im Jahr 2020 liegt die Schweiz im europäischen Vergleich im hinteren Mittelfeld. Spitzenreiter sind Estland und Island mit fast 90 %. Die Schlusslichter des Vergleichs sind Luxemburg, Zypern und Malta mit einer Energieunabhängigkeitsquote von unter 10%.

2022_EUT_internationaler_Vergleich

Mehr Unabhängigkeit ist möglich

In den letzten 20 Jahren hat die Schweiz ihre Energieunabhängigkeit kontinuierlich von rund 20% im Jahr 2001 auf über 25% im Jahr 2019 gesteigert. Das Corona-Jahr 2020 war mit einer Energieunabhängigkeitsquote von über 28% ein Ausreisser nach oben, da die Energienachfrage vor allem in der Mobilität, aber auch in der Industrie durch den Shutdown erheblich zurückgegangen ist. In der Zukunft werden die vom Volk beschlossene Energiestrategie 2050 und das bundesrätliche Netto-Null-Ziel bis 2050 zusätzliche Bewegung bringen, denn die Elektrifizierung wird viele fossile Energieträger ersetzen. Durch den Ausbau der inländischen Stromproduktionskapazitäten wird die Abhängigkeit von Energieimporten sinken.

Die Berechnungen der SES zeigten, dass die Dekarbonisierung des Gebäude- und Mobilitätssektors und der Atomausstieg wesentlich zur Energieunabhängigkeit beitragen werden. «Das ist eine gute Nachricht, zeigt doch insbesondere der russische Einmarsch in der Ukraine, dass die Schweiz über den Import fossiler Energieträger autoritär regierte Staaten und deren kriegerischen Aktivitäten finanziert», sagt Nils Epprecht, Geschäftsleiter der SES. «Wir fordern deshalb eine konsequente Umsetzung der Energiewende und eine Verschiebung des Energie-Unabhängigkeitstags auf den Frühsommer bis im Jahr 2025.»

Sofortprogramm gefordert

Konkret müssen der Ausbau der erneuerbaren Energien – vor allem die Solarenergie – aber auch der frühzeitige Ersatz fossiler Heizsysteme massiv beschleunigt werden, so die Forderung der SES. Für diese Beschleunigung braucht es ein befristetes Bundes-Sofortprogramm, das über die aktuell ohnehin laufenden Bemühungen für Verbesserungen im Rahmen verschiedener Gesetzesrevisionen hinausgeht. Das Sofortprogramm soll unter anderem niederschwellige Finanzierungsangebote – ähnlich wie bei den Corona-Massnahmen – beinhalten.