Am Montag 10. Februar 2020 fiel der offizielle Startschuss für das europäische Batterieforschungsprojekt „SeNSE“. Das Forschungskonsortium sucht in den kommenden vier Jahren gemeinsam nach Lösungen für die Lithium-Ionen-Batterie der nächsten Generation. Ziel ist ein europäisches Patent in der kommerziellen Industrie.
Pressedienst/Redaktion
Der Bedarf an Antriebsbatterien für Elektroautos wird in den nächsten Jahren dramatisch steigen. Gegenwärtig kommen mehr als 90 Prozent dieser Akkus aus Asien. Die EU-Kommission hat daher 2017 die „European Battery Alliance“ ins Leben gerufen, um Kompetenz und Fertigungskapazitäten dieser Schlüsseltechnologie in Europa aufzubauen.
SeNSE
Die Forschung im Rahmen des Projekts SeNSE ist Teil dieser Initiative und wird vom EU-Forschungsförderprogramm Horizon 2020 mit 10 Millionen Euro getragen. Leitung und Koordination unterliegt dem Empa-Forscher Corsin Battaglia und seinem Team. Insgesamt elf Forschungspartner forschen an Lithium-Ionen-Batterien der nächsten Generation – der sogenannten „Generation 3b“. Das Forschungsprojekt SeNSE endet nach 48 Monaten im Frühjahr 2024.
Die Forschungspartner
Die zehn Forschungspartner um das Team von Corsin Battaglia umfasst vier weitere Forschungsinstitute wie auch sechs Industrieunternehmen: die Westfälische Wilhelms-Universität Münster (D), das Forschungszentrum Jülich (D), die Coventry University (UK), das Austrian Institute of Technology (A) sowie die Firmen Solvionic (F), FPT Motorenforschung (CH), Lithops (I), Northvolt (S), Enwires (F) und Huntsman Advanced Materials (CH).
Die Generation 3b
Im Unterschied zu aktuellen Antriebsbatterien soll diese nächste Generation eine höhere Energiedichte, eine verbesserte Zellchemie sowie ein verbessertes Batteriemanagement besitzen. Der Anteil an kritischem Kobalt soll auch weiter gesenkt werden. Zudem sollen die Batterien langsamer altern und mehr Ladezyklen ermöglich. Zu einer längeren Lebensdauer und besseren Schnelladefähigkeit werden auch neue Sensoren beitragen, die vom Inneren der Batteriezellen her Daten ans Batteriemanagement liefern. Diese Daten sollen ein deutlich verfeinertes Temperaturmanagement im Vergleich zu heutigen Lithium-Ionen-Zellen erlauben.
Serienproduktion und Recycling
Die Nachhaltigkeit der Generation 3b-Zellen soll die heutige Generation ebenfalls übertreffen: Die Kathode soll ohne den Einsatz von brennbaren und toxischen Lösungsmitteln hergestellt werden. Das dürfte die Serienproduktion der Zellen zudem stark vereinfachen und verbilligen. Alle Aspekte der SeNSE-Forschung sind darauf ausgerichtet, die Zellen der nächsten Generation in europäischen Grossproduktionsanlagen – sogenannten „Gigafactories“ – herzustellen. Um im zukünftigen Wettbewerb der Industrie zu bestehen, sind deshalb besonders kostengünstige und Rohstoff sparende Produktionsmethoden entscheidend. Auch die Weiterverwendung gealterter Fahrzeugbatterien und schliesslich das Recycling der Batterien wird im Projekt SeNSE berücksichtigt.
Auf dem Weg zur Gigafactory
Eine entscheidende Rolle in dem Forschungsprojekt spielt die schwedische Firma Northvolt. Sie plant derzeit die erste europäische Gigafactory mit einer Fertigungskapazität von 32 GWh pro Jahr, die in Schweden errichtet werden soll. Eine weitere Gigafactory mit 16 GWh Jahresproduktion soll als Joint-Venture mit Volkswagen im deutschen Salzgitter entstehen. (Zum Vergleich: Die Tesla Gigafactory in Nevada produziert nach Angaben des Managements derzeit rund 30 GWh pro Jahr.) Ein Expertenteam von Northvolt wird die SeNSE-Forschenden mit regelmässigen Briefings begleiten. Am Ende des Projekts soll eine Reihe von Batteriezell-Prototypen entstehen. Die Fähigkeiten der Batteriezellen-Generation 3b soll ein Demonstrator mit 1 kWh Speicherkapazität beweisen. Am Schluss soll die entwickelte Fertigungstechnologie in Form von Patenten den Weg in die Industrie finden.
Die übernächste Generation
Das Team von Corsin Battaglia an der Empa ist an einem weiteren europäischen Forschungsprojekt beteiligt: Das Projekt „SOLiDIFY“ blickt noch weiter in die Zukunft und entwickelt Batterien der übernächsten Generation – sogenannte Festkörper-Lithium-Metall-Batterien. Die Festkörperbatterien sollen keine flüssigen, feuergefährlichen Bestandteile mehr enthalten. Daher sind sie sicherer und resistenter gegen Hitze. Sie können also höhere Leistung abgeben, schneller geladen und entladen werden. Diese Batterien der Generation 4b könnten in etwa zehn Jahren marktreif sein. Sie sollen bei halbem Gewicht und der Hälfte der Baugrösse die gleiche Speicherkapazität liefern wie heutige Lithium-Ionen-Batterien. Auch die Produktionskosten sollen auf die Hälfte sinken. Das Forschungsprojekt SOLiDIFY begann am 1. Januar 2020 und läuft ebenfalls 48 Monate.