
Noch bis am 24. März ist die Vernehmlassung zur Revision der Verordnung über das Plangenehmigungsverfahren für elektrische Anlagen offen. Ziel ist, die Bewilligungsverfahren für den Um- und Ausbau der Stromnetze weiter zu beschleunigen. Mit dem gleichen Ziel wird der Bundesrat eine Botschaft zur Anpassung des Elektrizitätsgesetzes ins Parlament schicken. Es stehen viele Forderungen im Raum, dass der Bundesrat dabei den Fokus stärker auf die Verteilnetze legt.
Text: Redaktion
Die Stromnetze sind ein wichtiger Teil des Energiesystems. Das gilt sowohl für das übergeordnete Übertragungsnetz als auch für das Verteilnetz. Der Bundesrat hat bei der Eröffnung der Vernehmlassung zur Revision der Verordnung über das Plangenehmigungsverfahren für elektrische Anlagen festgehalten, dass viele Leitungen im Übertragungsnetz der Schweiz in den nächsten Jahrzehnten das Ende ihrer technischen Lebensdauer erreichen und deshalb erneuert werden müssen. Zudem bedinge die zunehmende dezentrale Produktion von Elektrizität sowie die Elektrifizierung auf Seite der Verbraucher einen Um- und Ausbau des Stromnetzes. Bereits heute können die Planungsfristen von Leitungsprojekten gemäss dem Bund nur schwer eingehalten werden. Und in naher Zukunft werden sich solche Projekte häufen. Der Bundesrat will die Planungs- und Bewilligungsverfahren deshalb beschleunigen. Dies einerseits mit Anpassungen im Elektrizitätsgesetz. Die Botschaft an das Parlament wird voraussichtlich diesen Frühling überwiesen. Andererseits beauftragte der Bundesrat das UVEK, auch Anpassungen auf Verordnungsstufe zu prüfen, die zur Beschleunigung beitragen können. Die vorgeschlagene Teilrevision der Verordnung über das Plangenehmigungsverfahren für elektrische Anlagen betrifft vor allem das Übertragungsnetz.
Verteilnetze auch berücksichtigen
Wie zu erwarten, begrüsst der Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE), dass der Bundesrat die Verfahren für die Stromnetze beschleunigen will. Der Verband kritisiert allerdings, dass sowohl die Gesetzes- als auch die Verordnungsvorlage bisher mehrheitlich auf Massnahmen für das Übertragungsnetz fokussiert. Das greife zu kurz. «Die Bewilligungsverfahren müssen zwingend für alle Netzebenen beschleunigt werden, denn die Verteilnetze sind von den Herausforderungen der Energiewende besonders betroffen», erklärt der VSE. Eine zentrale Forderung des Verbandes ist zum Beispiel die Möglichkeit einer nachträglichen Plangenehmigung im Rahmen der ordentlichen Inspektion durch das ESTI für unbestrittene und einfache Vorhaben auch auf den untersten Netzebenen.
Behörden gezielt entlasten
Für die aeesuisse, den Dachverband der Wirtschaft für erneuerbare Energien und Energieeffizienz, ist angesichts der Energiewende klar, dass «das Stromnetz in seiner Gesamtheit neu gedacht und umfangreich an die Veränderungen angepasst werden» muss. Wie der VSE fordert auch aeesuisse, dass alle Netzebenen bei der Netzbeschleunigung berücksichtigt werden. Auch notwendige Netzverstärkungen im Verteilnetz müssten von beschleunigten Verfahren profitieren können. «Besonders gefordert sind dabei die tieferen Netzebenen 5 bis 7. Denn über 90 % aller Solaranlagen, alle Ladestationen für die E-Mobilität sowie alle Wärmepumpen werden in den beiden unteren Netzebenen angeschlossen», schreibt der Verband in einer Stellungnahme. Die Energiewende finde hauptsächlich im Quartier statt. Solaranlagen, Ladestationen und Wärmepumpen wirkten sich aber in der Summe auch auf die Netzebene 3 (Hochspannungsnetz) aus, weshalb ebenfalls dort ein «signifikanter» Ausbaubedarf bestehe. «Die heutigen langsamen Bewilligungsverfahren, der hohe bürokratische Aufwand sowie die raumplanerischen Rahmenbedingungen des Verteilnetzes können dazu führen, dass das Verteilnetz den Ausbau der erneuerbaren Energien massgeblich erschwert», gibt die aeesuisse zu bedenken. Eine Möglichkeit sieht sie in der gezielten Entlastung der Behörden. Beispielsweise indem Anlagen bis 36 kV einzig in Schutzgebieten dem Eidgenössischen Starkstrominspektorat (ESTI) zur Planvorlage vorgelegt werden müssten. Für die Netzebenen 5 und 6 würden dann dieselben Bedingungen gelten, wie für die Netzebene 7. Eine weitere Forderung sind Trafostationen ausserhalb der Bauzonen. Dies, weil Enteignungen für den Bau solcher Stationen und für den Ausbau des Verteilnetzes in «fast allen Fällen kein gangbarer Weg für die Verteilnetzbetreiber ist». Nicht zuletzt fordert der Verband auch, dass Produktionsanlagen, Leitungen und Trafostationen auf Gesetzesstufe als Ganzes betrachtet werden müssen. Es sei wichtig, dass die notwendigen Anpassungen der Netzinfrastruktur für den Abtransport der elektrischen Energie respektive die Netzverstärkungen gleichzeitig mit der Produktionsanlage und deren Anschlussleitung in Betrieb genommen werden könnten. Daher müssen die Planungen und Bewilligungen gebündelt und aufeinander abgestimmt werden.
Landwirtschaftsflächen schonen
Die Forderung nach neuen Bauten ausserhalb der Bauzone dürfte dem Schweizerischen Bauernverband (SBV) nicht gefallen. Der SBV betont, dass landwirtschaftliche Flächen so weit wie möglich erhalten bleiben müssten und der Ausbau des Stromnetzes nicht zu einer Verringerung der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche führen soll. Elektrische Leitungen führen oftmals durch Landwirtschaftsland. Deren Verlegung, sei es unterirdisch oder oberirdisch, stelle jeweils einen Fremdkörper bei der Nutzung des Landwirtschaftslandes dar. was Ertragsausfälle und Mehraufwendungen wegen Störungen der Bewirtschaftung zur Folge habe. Gleichzeitig anerkennt der SBV aber auch, dass die Landwirtschaft vermehrt auf Einspeise- und Transportmöglichkeiten angewiesen ist, da Landwirte oft PV- und Biogasanlagen bauen. Der SBV besteht aber darauf, dass die Landwirte als Grundeigentümer bei der Planung von Infrastrukturen, die ihr Land betreffen, systematisch konsultiert werden müssten und dass «jede Enteignung fair kompensiert wird, entweder in Form von Flächen oder finanziell». Angesichts immer kleiner werdenden Kulturlandflächen dürfte ein Realersatz aber kaum mehr möglich sein. Wohl auch deshalb kämpfen die Bauern gegen den Vorschlag des Bundesrats, Übertragungsleitungen mit wenigen Ausnahmen als Freileitungen statt unterirdisch zu realisieren.
Biodiversität nicht aus den Augen verlieren
Die Schweizerische Energie-Stiftung (SES) und die Umweltallianz begrüssen eine Beschleunigung der Verfahren für die Stromnetze. Auch sie stören sich aber am Fokus auf die Übertragungsnetze. Gerade für den Ausbau der Solarenergie sei jedoch auch das Verteilnetz von zentraler Bedeutung. Sind die Verteilnetzkapazitäten zu klein, können Photovoltaikanlagen teilweise nicht oder nur mit massiven Verzögerungen realisiert werden. Die SES kritisiert in ihrer Stellungnahme zudem massiv das sogenannte Freileitungsprimat. Diese Pflicht stelle eine Abkehr von der bisherigen Praxis dar und führt aus Sicht der SES nicht automatisch zu einer schnelleren Realisierung als bei erdverlegten Kabeln. Freileitungen seien zwar schneller erstellt, würden von der Bevölkerung aber oftmals kritisch beurteilt. «Durch diese tiefere Akzeptanz können die Bewilligungsverfahren von Freileitungen durch Einsprachen wesentlich in die Länge gezogen werden», fürchtet die SES. Wenn man vermehrt auf Freileitungen setzen wolle, dann brauche es flankierenden Massnahmen, die in der Vernehmlassungsvorlage komplett fehlten. Angesichts der Kritik an den Umweltverbänden und den Forderungen nach einer Einschränkung des Verbandsbeschwerderechts macht die SES klar, dass eine echte Beschleunigung der Verfahren nur erreicht werden könne, wenn eine frühzeitige und transparente Berücksichtigung wichtiger Interessen aufgrund von aussagekräftigen Grundlagen und Daten erfolge. «Zu diesen wichtigen Interessen gehört die Biodiversität, unsere Lebensgrundlage, unbedingt dazu», erklärt die SES.
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