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Änderungen der Verordnungen im Kontext des Stromgesetzes – Vernehmlassungsantwort SSES

35 TWh innert 10 Jahren neue erneuerbare Energie – dies ist de facto nur mit Sonnenenergie möglich. Die SSES begrüsst deshalb die Ziele des Mantelerlasses und freut sich, dass mit diesem Gesetz, genau 50 Jahre nach der Gründung der SSES, die Sonnenenergie per Bundesgesetz zum prioritären Energieträger aufsteigen soll.

Der Bundesrat hat nun im Februar die zugehörigen Verordnungsentwürfe zur Umsetzung des Gesetzes in die Vernehmlassung geschickt. Und diese zeigen, dass der Bundesrat seinen Spielraum zur Beschleunigung der Energiewende nicht ausnutzt.

Die SSES und ihr Fachverband VESE haben sich in zwei sich ergänzenden Stellungnahmen am Vernehmlassungsverfahren beteiligt. Das Ergebnis fällt ernüchternd aus, mit den aktuellen Entwürfen sieht die SSES die im Gesetz vorgesehenen Ausbau- und Effizienzziele in weite Ferne rücken. 

Speziell stossend ist die Tatsache, dass die – aus unserer Sicht schon geringen – Effizienzziele mit den Verordnungen nicht erreicht werden werden. Auch setzen die Verordnungen zu stark auf Eigenverbrauch. Eigenverbrauch bedeutet, dass Dächer in vielen Fällen nur teilweise belegt werden und einfache, grosse Dächer, wie z.B. Einstellhallen nicht bebaut werden, da sich diese nicht amortisieren lassen. Damit rückt das Ziel des Gesetzes, 35 TWh innert 10 Jahren, in weite Ferne. Denn dies bedeutet eine Verdoppelung des durchschnittlichen Ausbautempos der vergangenen drei Jahre. Das geht nur, wenn sich auch Dachflächen ohne Eigenverbrauch lohnen. 

Die SSES – als ältester Solarverband der Schweiz – hat viele Mitglieder, welche ältere Anlagen betreiben. Gerade diese Mitglieder haben, bei schon unsicheren Amortisationsaussichten, aber im Vertrauen auf eine stabile Gesetzeslage, selbst in Solaranlagen investiert. Bei der Berechnung der Minimalvergütungen (s. auch die Kurznachricht von VESE), welche sich gemäss Gesetz an der “Amortisation von Referenzanlagen über ihre Lebensdauer” orientieren sollen, vermissen wir aber genau  einen entsprechenden Altersfaktor – denn eine heute 10jährige Anlage hat ca. die doppelten Gestehungskosten wie eine heutige Anlage. Hier fordern wir, dass das Alter der Anlagen ebenfalls in die Berechnung einfliessen muss, resp. dass ältere Anlagen eine eigene “Referenzanlage” bekommen.

 

Die Verordnungen aus Sicht SSES

  • zu hohe Komplexität der Vorlage, Laien können diese kaum mehr nachvollziehen oder verstehen
  • die im Gesetz vorgesehene Solarpflicht (ab 300 m2 Gebäudefläche) wird in den Verordnungen nicht weiter präzisiert
  • keine Bestimmungen zur im Gesetz vorgesehenen Solarpflicht auf den Infrastrukturflächen des Bundes
  • die in den Verordnungen vorgegebenen Effizienzmassnahmen werden nur ca. 50% der Ziele des Gesetzes erreichen (1 TWh innert 10 Jahren und nicht wie im Gesetz vorgesehen 2 TWh)
  • Neue Unsicherheiten in der bis anhin klar und einfach geregelten Grundversorgung durch das Einführen “dynamischer Tarife”
  • Der 75% Mindestanteil erneuerbarer, inländischer Energie in der Grundversorgung muss mittels Herkunftsnachweisen (HKN) erbracht werden. Dies führt, zusammen mit quartalsscharfen HKN (ab 2027) zu unnötigen, zusätzlichen Gewinnen für die Wasserkraft in einem unregulierten Markt 
  • Das Ausspielen von Naturschutz und Ausbau Erneuerbare durch Aushebeln demokratischer Mittel (“nationale Bedeutung” zusammen mit dem “Beschleunigungserlass”), obwohl die beiden Themen im Grundsatz keinen Zielkonflikt bilden
  • „Datenhortung“ mit einer neuen Datenplattform, die aus Sicht SSES in der Praxis kaum Relevanz haben wird und dem Grundsatz der „massvollen Datensammlung“ widerspricht

 

Die Verordnungen aus Sicht VESE

  • Ausgestaltung Minimaltarife stimmen nicht mit den Anforderungen in der Praxis und denen des Gesetzes überein;
    • Mit drei Referenzanlagen als Basis für die Ermittlung des Rückliefertarifs kann die Vielfalt der Schweizer Photovoltaikanlagen nicht wiedergegeben werden
    • Nach wie vor ist der Eigenverbrauch einer der wichtigsten Faktoren für eine Amortisierung, dieser unterliegt aber nur schwer beeinflussbaren Faktoren (bspw., wenn es im ZEV nur eine beschränkte Nachfrage nach Strom gibt). Damit wird weiter auf Eigenverbrauch gesetzt, VESE befürchtet, dass hier wieder mehr “eigenverbrauchsorientierte” Anlagen (d.h. teilbelegte Dächer) gebaut werden werden
    • Der Herkunftsnachweis ist bereits heute schwer zu vermarkten. Eine weitere Komplexitätszunahme durch quartalsscharfe HKN erschweren den Handel zusätzlich und die in den Verordnungen gemachten Annahmen über die Vergütungshöhe stimmen nicht mit den Erfahrungen aus der Praxis überein
    • Der Steuerabzug ist nur für Privatpersonen möglich, momentan wird davon ausgegangen, dass pauschal alle Anlagen Anspruch haben
    • Das Contracting-Modell – wie es von vielen Investoren aber auch Genossenschaften, Vereinen etc. praktiziert wird – wird gänzlich ausgeblendet
  • Weitere Absenkungen der Einmalvergütung senden falsches Signal
  • Ungleichlange Spiesse mit der Wasserkraft, bspw. bei der gleitenden Marktprämie
  • Ungleichlange Spiesse zwischen den Vermarktungsmöglichkeiten für erneuerbaren Strom zwischen den von Grundversorgern betriebenen PV-Anlagen und denen von Dritten, wie Privatpersonen, Firmen oder Genossenschaften und Privaten
  • Änderung der bewährten Praxis rund um die Netznutzungstarife, dies wird zu schlechteren Amortisationsaussichten bei Anlagen mit Eigenverbrauch und ZEVs führen
  • Ungleichbehandlung von Energiespeichern mit und ohne Endverbrauch
  • Aktuelle Ausgestaltung der Lokalen Energiegemeinschaften LEG wird in der vorgeschlagenen Form nicht funktionieren

 
Download der kompletten Vernehmlassungsantwort Mantelerlass Stromgesetz