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Nationale Windenergietagung

Kommt nun endlich der ersehnte Rückenwind?

Die Nationale Windenergietagung findet am Montag, 26. August, im Rathaus Bern statt. Interessierte erfah- ren hier das Neuste über die Windenergiepolitik auf Bundes- und Kantonsebene und das Windstrompotenzial, über den Stand der Schweizer Windprojekte sowie die Richtplanung des Kantons Zürich. Zudem stellen sich kantonale Pro-Wind-Vereine vor, und es gibt Informationen zur neusten Windenergietechnik und zum Wind- energiezubau im angrenzenden Ausland, wo bereits die nächste Generation von Windrädern gebaut wird.

 

Text: Suisse Eole/Redaktion

 

Rund die Hälfte des heutigen Stromverbrauchs könnte mit Windstrom aus der Schweiz gedeckt werden. Zu diesem Schluss kam eine Studie des Bundesamts für Energie im Jahr 2022. Doch der Widerstand gegen die Windenergie ist nach wie vor gross, und neue Projekte haben es schwer. Die Gegner der Windenergie zerren die Projektträger regelmässig vor Gericht. Windenergieprojekte erfahren fast immer lange Verzögerungen wegen Beschwerden bis vor Bundesgericht. Dann dauert es Jahrzehnte, bis ein rechtskräfti- ger Bauentscheid vorliegt. Doch nun spürt die Branche dank einiger Entscheide langsam ein wenig mehr Rückenwind. Momentan gibt es sechs Projekte, die endgültig grünes Licht vom Bundesgericht erhalten haben: Montagne de Buttes, Mollendruz, Grenchenberg, EolJorat Sud, Sur Grati und Charrat. An der Schweizer Windenergietagung am Montag, 26. August, ab 11.45 Uhr, berichten die entsprechenden Projektentwickler im Berner Rathaus über den Stand der Umsetzung ihrer Projekte.

 

WINDENERGIEGEBIET «OLDIS» IN CHUR
Die Bündner Regierung teilte Ende Mai mit, dass sie eine Anpassung des kan- tonalen Richtplans für die Festsetzung des Windenergiegebiets «Oldis» (Teil B) in Chur genehmigt hat. Der Richtplan Energie ist aktuell in Überarbeitung. Das Gebiet «Oldis» ist darin als Eignungsgebiet für Windenergie evaluiert und war Bestandteil der öffentlichen Auflage im Jahr 2023. Aufgrund des bereits weit fortgeschrittenen Projekt- und Planungsstands wird die Festsetzung dieses Windenergiegebiets vorgezogen. Im Richtplanentwurf wurde auf die projektbezogene Umsetzung hingewiesen. Die Calandawind AG, die seit 2013 «Oldis I» in Haldenstein betreibt, plant eine zweite Windenergieanlage circa 750 Meter südlich von der bestehenden Anlage. Die beiden Anlagen sollen jährlich gemeinsam bis zu 12 GWh Strom aus Windkraft produzieren.

BEWEGUNG AUF POLITISCHER EBENE
Nicht nur bei den Gerichten, sondern auch in der Windenergiepolitik auf Bundes- und Kantonsebene kommt Bewegung in die Sache. Die offensichtlichste Veränderung für die Windenergie bringen die Annahme des Stromgesetzes und die entsprechenden Verordnungen mit sich. Noch ist unklar, was die Verordnungen abschliessend zur Folge haben werden. Suisse Eole hat sich grundsätzlich positiv zu den Änderungen im Stromgesetz geäussert, aber festgehalten, dass das Gesetz nicht auf verfahrensrechtliche Aspekte der Planungs- und Genehmigungsverfahren eingeht. Doch genau hier stehen Windenergieprojekte an. Deshalb fordert Suisse Eole, dass jede signifikante Reduktion der finanziellen Unterstützung der Windenergie mit einer drastischen Vereinfachung und Beschleunigung der Verfahren einhergehen müsse. Ob die Forderungen der Branche gehört wurden, wird im Berner Rathaus Saskia Bourgeois vom Guichet Unique Windenergie des Bundesamts für Energie zeigen, wenn sie über die wichtigsten Anpassungen im Gesetz und in der Verordnung berichtet. Auch auf Ebene der Kantone ist einiges im Gang. Einige von ihnen führen aktuell die Richtplanungen für Windenergie durch und bringen Vorlagen zur Beschleunigung der Bewilligungsverfahren für Windenergieanlagen zur Abstimmung. Die Erfahrung im Kanton Luzern sowie in anderen Kantonen zeigt, dass auf kantonaler Ebene ein klares Bekenntnis zum Ausbau der Windenergie besteht. Davon berichtet Julia Engel von der Konferenz kantonaler Energiedirektoren.

 

ZÜRICH WILL KONKRETER WERDEN
Welchen Beitrag die Windenergie im Kan- ton Zürich zukünftig leisten kann, erläu- tert Martin Neukom, Regierungsrat Kan- ton Zürich, in seinem Vortrag im Berner Rathaus. Der Kanton Zürich möchte bis 2050 einen Anteil von 7% des jährlich prognostizierten Strombedarfs von rund 10 500 GWh mit Windenergie abdecken. Dazu hat die Baudirektion Anfang Juli nun auch den entsprechenden Richtplan Energie zur Mitwirkung aufgelegt. Aufgrund der getroffenen Abklärungen werden 20 Gebiete zur Festsetzung vorgeschlagen, in denen zukünftig Windparkprojekte geplant werden können. Zusätzlich sollen mit einem kantonalen Plangenehmigungsverfahren auch die Verfahren effizienter gestaltet und so die Planungsrisiken gesenkt werden.

 

RICHTPLAN WINDENERGIE BIEL­SEELAND

Die Planungsregion seeland.biel/bienne hat die Realisierungsmöglichkeiten und das Potenzial von Windenergieanlagen im Berner Seeland abgeklärt. Vier Gebiete am Hagneckkanal, auf dem Büttenberg, in Seedorf und in Diessbach/Büetigen werden als geeignet beurteilt und im Regionalen Richtplan Windenergie festgelegt. In diesen vier Gebieten könnten gemäss Richtplan voraussichtlich bis zu 33 Windräder mit einer Stromproduktion von 230 GWh pro Jahr errichtet werden. Das entspricht dem Ver- brauch von rund 50000 durchschnittlichen 4-Personen-Haushalten. An der Mitgliederversammlung am 1. Juli haben die 50 anwesenden Gemeinden den Richtplan beschlossen. Das Ergebnis fiel mit 105 Ja-Stimmen und 49 Nein-Stimmen bei 8 Enthaltungen deutlich aus. Der abschliessende Entscheid, ob in einem regionalen Windenergiegebiet ein Windpark errichtet werden kann, obliegt nun den Standortgemeinden. Diese müssen in ihrer Nutzungsplanung die Standorte von Windenergieanlagen grundeigentümerverbindlich festlegen. «Mit dem Regionalen Richtplan ist der Weg frei, damit interessierte Gemeinden und Betreiber nun Windparkprojekte im Detail ausarbeiten können. Über diese kann dann die Stimmbevölkerung der betroffenen Gemeinden abstimmen», erklärt Raynald Richard, Vorstandsmitglied und Präsident der Konferenz Raumentwicklung und Landschaft. Der Regionale Richtplan Windenergie muss noch vom Kanton genehmigt werden und tritt anschliessend in Kraft.

UNTERSTÜTZUNG AUS DER ZIVILGESELLSCHAFT
Damit Windenergieanlagen tatsächlich gebaut werden, braucht es nicht nur die Unterstützung der Politik. Auch die Mehrheit der lokalen Bevölkerung muss hinter einem Projekt stehen, wenn es realisiert werden soll. Nachdem sich in früheren Jahren vor allem die Gegner der Windenergie organisiert und lautstark gegen Projekte aufbegehrt hatten, ist seit 2022 auch Bewegung in die Befürworter der Schweizer Windkraft gekommen.

Schweizweit machen sich engagierte und motivierte Menschen für die Windenergie stark und organisieren sich in kantonalen Pro-Wind-Vereinen. Es sind bereits neun kantonale Vereine gegründet worden, weitere sind in Planung. Zusätzlich wurde auch der Verein Pro Wind Schweiz gegründet, der dabei die Rolle der gesamtschweizerischen Koordination übernimmt. In allen Kantonen werden mehr oder weniger die gleichen Themen und Argu- mente im Zusammenhang mit der Wind- energie angesprochen. Durch aktuelle Informationen können überholte Vorurteile abgebaut und die Akzeptanz von Windkraftanlagen in der Bevölkerung verbessert werden. Dieser Aufgabe haben sich die Pro-Wind-Vereine verschrieben. Josef Schuler von Pro Wind Luzern und Louis Cyprien von Pro Wind Bern berichten an der Schweizer Windenergietagung aus ihren Vereinen.

 

HERAUSFORDERUNGEN IM MARKT BLEIBEN
Natürlich sind im Berner Rathaus das Windstrompotenzial insgesamt, die neuste Windenergietechnik und der Windenergiezubau im angrenzenden Ausland wichtige Themen. So gibt es nebst den Herausforderungen im Schweizer Markt auch einiges über internationale Highlights zu hören. Lionel Perret, Geschäftsleiter Suisse Eole, wird über das spezielle Marktumfeld in der Schweiz berichten. In Deutschland beispielsweise ist mit fast 30 000 gebauten Windenergieanlagen bis heute ein riesiger Markt mit verschiedenen Anbietern entstanden. Die Schweiz hat aber bis heute lediglich 47 Windenergieanlagen gebaut, und die Planungs- und Bewilligungsprozesse können trotz gesetzlicher Anpassungen auch weiterhin über 20 Jahre dauern. Aufgrund der kleinen Grösse des Marktes und der Planungsrisiken sei es eine Herausforderung, Hersteller von geeigneten Anlagen für die Schweiz zu gewinnen, so Perret. Trotzdem sind verschiedene Anbieter hier tätig. In diesem Zusammenhang stellt auch ENERCON ihre «Technik für den Schweizer Markt» vor. Welche technologischen Entwicklungen hin zu leistungsfähigeren Anlagen in anderen Ländern bereits ablaufen, zeigt Stefan Schindler von Windenergie Schweiz unter dem Titel «Europa baut bereits die nächste Generation von Windrädern».

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