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«Die Menschen sind mehrheitlich sensibilisiert»

Foto: ElCom

Eine Energiekrise sei «kaum abwendbar», erklärte Werner Luginbühl als Präsident der Eidgenössischen Elektrizitätskommission (ElCom) vergangenen August. Nun gibt er für den laufenden Winter Entwarnung, erklärt aber gleichzeitig, dass die Risiken wegen der weiterhin bestehenden Importabhängigkeit der Schweiz und der gleichzeitig fehlenden Abkommen mit der EU auf absehbare Zeit bestehen bleiben. Er ruft alle Schweizerinnen und Schweizer dazu auf, die Energiewende aktiv mitzutragen, um diese Abhängigkeit zu verringern.

Text: Beat Kohler

Zur Person

Werner Luginbühl trat am 1. März 2020 die Nachfolge von Carlo Schmid als Präsident der Eidgenössischen Elektrizitätskommission (ElCom) an. Er wurde vom Bundesrat bis Ende 2023 gewählt. Der ehemalige Berner Regierungsrat und BDP-Ständerat hat sich viele Jahre in der Energiepolitik engagiert, beispielsweise in der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Ständerates. Von 2013 bis Ende Februar 2020 war er als Verwaltungsratspräsident bei der Kraftwerke Oberhasli AG (KWO) tätig, wo er zuvor mehrere Jahre Verwaltungsrat war. Als Präsident der ElCom warnt er immer wieder vor einer sich abzeichnenden Strommangellage.

Vergangenen Herbst haben Sie intensiv vor einer sich abzeichnenden Strommangellage gewarnt. Wie sieht Ihre Einschätzung der Situation jetzt, nach Mitte Januar 2023, aus?

Werner Luginbühl: Im laufenden Winter hat sich die Situation klar entspannt. Das ist einerseits auf die lange vorherrschenden hohen Temperaturen zurückzuführen und andererseits darauf, dass Frankreich seine Prognosen hinsichtlich der Wiederinbetriebnahme seiner Kernkraftanlagen wahr gemacht hat. Letzteres war in der Ver­gangenheit nicht immer vollumfänglich der Fall. Deshalb waren wir skeptisch, ob es dieses Jahr gelingen würde. Zudem ist es Europa rückblickend überraschend gut gelungen, russisches Gas anderweitig zu substituieren. Das sind die drei wichtigsten Aspekte, die zu dieser Entspannung geführt haben. Dennoch können wir keine Entwarnung geben, weil insbesondere angesichts des Krieges in der Ukraine immer etwas Unerwartetes passieren kann. Im Moment sieht es aber für den laufenden Winter nicht schlecht aus.

Aktuell sind die Temperaturen gefallen, sodass man tatsächlich von Winter sprechen kann. Ändert das Ihre Einschätzung nicht?

Sollte es bis Ende März so kalt bleiben, könnte es durchaus wieder kritischer werden. Auch weil Frankreich in der nächsten Zeit noch Streiks erwartet, die sofort Auswirkungen auf die Produktionsfähigkeit der französischen Kernkraft haben. Sollte zudem im Bereich Gas noch etwas Unerwartetes geschehen, könnte es – obwohl wir im Moment von Entspannung sprechen – tatsächlich wieder heikler werden. Nach heutigem Wissensstand sollten wir den laufenden Winter aber ohne grössere Probleme überbrücken können.

Obwohl in der Schweizer Stromversorgung mögliche Mangellagen gegen Ende des Winters kein neues Phänomen sind, haben Sie vergangenen Herbst so intensiv gewarnt wie noch nie zuvor. Wenn nun nichts passiert, kann man Ihnen dann nicht Alarmismus vorwerfen?

Wir haben erstmals an unserer Medienkonferenz Anfang Juni 2022 gesagt, dass wir den Winter möglicherweise problemlos überstehen würden, dass es angesichts der Situation aber auch sein könne, dass Bewirtschaftungsmassnahmen ergriffen werden müssten. Das Spektrum der möglichen Entwicklungen war weit offen. Jetzt scheint glücklicherweise der erste Fall einzutreten, worüber wir froh sein können. Dazumal haben wir aber auch den Worst Case nicht ausschliessen können. Wir mussten deshalb warnen. Es war auch nicht so, dass sich die Situation bereits ab Juni verbessert hätte – im Gegenteil. Bis Ende August spitzte sich die Situation weiter zu. Damals hätte ich keine Wette mehr darauf abgeschlossen, dass wir den Winter problemlos überstehen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten wir eine Kumulation von unglücklichen Faktoren. Das änderte sich danach. Im Oktober war es in ganz Europa sehr warm und in der Schweiz sehr regenreich, was für die Schweizer Stauseen wichtig war. Hinzu kamen die Effekte, die ich vorhin bereits erwähnt hatte. Verschiedenes wendete sich in eine positive Richtung.

Glauben Sie, dass die Menschen den Aufrufen zum Stromsparen nach dieser für die Versorgung sehr positiven Entwicklung noch trauen und tatsächlich noch mitmachen – insbesondere bei weiteren schwierigen Situationen in einem der kommenden Winter?

Das wird eine Herausforderung sein. Ich habe aber den Eindruck, dass die Menschen mehrheitlich sensibilisiert sind, wie ich Gesprächen, aber auch dem Verhalten von Einzelnen entnehme. Zudem werden die Preissteigerungen, die wir erlebt haben und die wir auch im nächsten Jahr wieder haben werden, dass Ihre zu den Sparbemühungen beitragen. Preissteigerungen sind einerseits störend, andererseits setzen sie aber auch erwünschte Anreize, vernünftiger mit der kostbaren Energie umzugehen. Es ist aber sicher schwieriger, in einem zweiten Winter wieder denselben Effekt zu erzielen, wenn der laufende Winter problemlos verläuft. Die Menschen könnten sich sagen, wenn es letztes Mal gut gegangen ist, wird es dieses Mal auch wieder gut gehen. Ich glaube aber, dass die Schweizer Bevölkerung sich der Problematik durchaus bewusst ist. Sie ist bereit, mitzuhelfen und – wenn es notwendig ist – Massnahmen mitzutragen. Solche Rückmeldungen erhalte ich immer wieder, und darum bin ich optimistisch, dass die Bevölkerung im Bedarfsfall auch in einem der kommenden Wintern wieder mitzieht.

Wie schätzen Sie aktuell die Lage ein für den Winter 23/24?

Wir wissen nicht, wie sich die Situation beim Gas weiterentwickelt. Im vergangenen Jahr konnte Europa noch lange in grös­serem Ausmass Gas aus Russland beziehen. Es wird sich zeigen müssen, wie gut diese Ausfälle dieses Jahr kompensiert werden können. Insofern besteht eine beträchtliche Unsicherheit. Es kann auch weitere un­vorhergesehene Auswirkungen des Krieges geben. Auf der anderen Seite stimmt mich die Tatsache zuversichtlich, dass Europa im vergangenen Jahr die Ausfälle so rasch substituieren konnte. Auch Frankreich wird alles unternehmen, um den Anteil der in Betrieb stehenden Kernkraft hoch zu halten. Deshalb sind die Prognosen nicht brandschwarz, aber wir sind weit davon entfernt, jetzt schon Entwarnung zu geben. Die möglichen Risikofaktoren sind immer noch zu gross und vielfältig. Auch die Marktpreise deuten darauf hin, dass die Märkte angespannte Situationen eher im Winter 23/24 erwarten als im laufenden Winter.

Sie sprechen bei Ihren Prognosen für ­unsere Versorgungssicherheit vor allem von französischen Atomkraftwerken und von Gas aus Deutschland. Aber was können wir in der Schweiz kurzfristig tun?

Die ElCom warnt seit 2018 explizit vor zu hoher Importabhängigkeit. Wir wurden zu Beginn nicht sonderlich ernst genommen. Das letzte Jahr hat dazu geführt, dass praktisch alle erkannt haben, dass wir die inländische Stromproduktion massiv ausbauen und das Tempo deutlich erhöhen müssen. Dieser Zubau von Produktionskapazitäten ist ein wichtiger Beitrag. Auf der anderen Seite muss man sich bewusst sein, dass das diesbezügliche Potenzial innerhalb von zwei, drei Jahren beschränkt ist. Deshalb haben wir zusätzlich verlangt – auch in Hinblick auf das Jahr 2025, in dem wir ein Problem mit fehlenden Importkapazitäten erhalten könnten –, dass Reservekraftwerke gebaut werden. Diese könnten helfen, kritische Situationen zu überbrücken.

Wie sehen Sie die Entwicklung in der Zusammenarbeit mit Europa? Sind Importe in Zukunft überhaupt noch möglich?

Seit dem Abbruch der Verhandlungen zum Rahmenabkommen ist die Zusammenarbeit mit der EU sehr schwierig geworden. Auf technischer Ebene arbeitet die Swissgrid mit den europäischen Übertragungsnetzbetreibern an sich gut zusammen. Auch die Zusammenarbeit der ElCom mit den Nachbarregulatoren ist gut. Als Schweizer Aufsichtsbehörde sind wir aber aus der europäischen Organisation der ­Regulatoren ausgeschlossen worden. Wir stellen fest, dass man auf technischer Ebene durchaus problembewusst und lösungsbereit ist. Gleichzeitig stellen wir aber auch fest, dass die EU-Kommission sich abzeichnenden Lösungen häufig einen Riegel vorschiebt. Man ist teilweise sogar bereit Lose-lose-Situationen zu akzeptieren, um die Grundsätze durchzusetzen. Von daher ist die Zusammenarbeit schwierig. Wir wissen, dass wir bis 2025 kein Stromab­kommen haben werden. Deshalb sind wir darauf angewiesen, dass wir technische Abkommen abschliessen können. Selbst dies wird sehr anspruchsvoll, weil dort Einstimmigkeit der Regulatoren und Über­tragungsnetzbetreiber verlangt ist. Das ist einer der Gründe, weshalb wir auf Reservekraftwerke gepocht haben.

Hat sich an den Verhandlungen mit den europäischen Partnern durch den Krieg in der Ukraine nichts verändert?

Wir haben natürlich darauf gehofft, dass man sich angesichts des Krieges wieder auf die wesentlichen Probleme konzentriert. Seitens der EU ist aber keine Verhaltensänderung spürbar.

Wohin wird die Reise bezüglich ­Zusammenarbeit mit der EU gehen?

Aus Sicht der Versorgungssicherheit glauben wir, dass es früher oder später ein Stromabkommen braucht. Deshalb sind wir froh, dass der Bundesrat wieder sondiert und dass das Thema Strom dabei eine gros­se Bedeutung hat. Wir hoffen, dass es irgendwann einen Durchbruch gibt und man wieder miteinander spricht, um gemeinsam gute Lösungen zu suchen.

Einzelne fossile Reservekraftwerke wurden gebaut. Welche Möglichkeiten sehen Sie kurzfristig hinsichtlich des Ausbaus der Solarenergie?

Projekte wie das angekündigte Kraftwerk in Bern Belp oder die diskutierten hoch­alpinen PV-Anlagen können einen wesentlichen Beitrag leisten. Bei diesen Potenzialen, die kurzfristig über diejenigen der Hausdächer hinausgehen, ist es aber wichtig, dass es rasch zu einer Realisierung kommt.

Wie zuversichtlich sind Sie, dass dies ­gelingt? Der Widerstand gegen Frei­flächenanlagen wächst und dürfte bei ­einer ausbleibenden Mangellage noch grösser werden.

Es muss sich erst zeigen, ob sich im Denken einer breiteren Bevölkerung nun etwas geändert hat. Ich hoffe es, weil uns das letzte Jahr unsere Abhängigkeiten eindrücklich vor Augen geführt hat. Deshalb bin ich zuversichtlich, dass solche Projekte gelingen können. Auf der anderen Seite sind wir ein dicht bevölkertes Land mit spärlichen Ressourcenreserven. Deshalb haben wir im Gegensatz zu anderen Ländern überall verstärkte Opposition.

Wie beurteilen Sie die Wirksamkeit der Beschlüsse von Bundesrat und Parlament, die gefällt wurden, um Engpässe zu vermeiden?

Die Wasserkraftreserve wird medial wahrscheinlich in die Kritik kommen, weil man Geld ausgegeben hat für etwas, was man nun diesen Winter vielleicht nicht benötigt. Stellt man sich aber vor, Notmassnahmen wären nicht ergriffen worden und es wäre zu einem Strommangel gekommen, wäre das deutlich schlimmer. Für die ElCom ist es hinsichtlich 2025 wichtig, dass der Aufbau der Reserven weiterhin vorangetrieben wird, damit wir in einem schlechten Fall reagieren können. Parallel muss der Ausbau wie schon gesagt massiv beschleunigt werden, damit wir über mehr Produktions­kapazitäten verfügen. Hier sind alle Bereiche erwünscht: Wasser, Photovoltaik, aber auch Wind.

Die Wasserkraftreserve war teuer. Halten Sie es für richtig, dass die Reserve zum Marktpreis beschafft wird, wenn doch die meisten Betreiber dieser Wasserkraftwerke mehrheitlich im Besitz der öffent­lichen Hand sind? Stimmt die Kosten-Nutzen-Rechnung?

Die ElCom hat sich am gesetzlichen Rahmen zu orientieren, und die Politik muss entscheiden, ob sie in den Markt eingreifen will. Bis jetzt hat man das nicht getan. So gesehen gab es für uns bei der Beschaffung keine andere Möglichkeit. Die Voraus­setzungen waren im letzten Jahr nicht besonders gut. Wir hatten sehr hohe Preise und konnten erst sehr spät ausschreiben. Künftige Ausschreibungen werden wohl sehr viel früher und in mehreren Tranchen ­vorgenommen werden. Dies kann sich preissenkend auswirken. Auf der anderen Seite war die Beschaffung letztes Jahr angesichts der Preisentwicklung, die wir in dieser Phase hatten, wesentlich günstiger, als eine Zeit lang befürchtet werden musste. Wir waren letztendlich froh, mussten wir nur 296 und nicht 700 oder 800 Millionen Franken bezahlen.

Hat die Beschaffung in einer Hochpreisphase die Preise nicht noch weiter angeheizt?

Diese Gefahr bestand, zumal Forderungen im Raum standen, die Reserve noch wesentlich grösser auszugestalten. Davor haben wir gewarnt, weil dann genau dieser Effekt eingetreten wäre. Das System hätte sich selbst kannibalisiert, und die Reserve wäre praktisch unbezahlbar geworden.

Die Reserve ist keine Mehrproduktion, sondern lediglich eine Verschiebung der Produktion. Wie sinnvoll ist das in der Gesamtbilanz?

Die Reserve bringt zwar keine zusätzliche Energie ins System, hilft uns aber, die kritische Phase im späten Winter zu über­brücken. Sie ist deshalb sehr sinnvoll. Wir könnten zwar keine länger andauernde euro­päische Mangellage überbrücken, aber immerhin ein paar Wochen gegen Ende des Winters. Wir können davon ausgehen, dass wir im Normalfall selbst in angespannten Zeiten über weite Teile des Jahres Strom importieren können. Die kritischen Zeiten sind vor allem im März und Anfang April. Die Reserve ist vorgesehen, um genau diese Zeit zu überbrücken, für den Fall, dass wir nicht genügend importieren können. Zu anderen Zeiten haben wir dieses Problem in der Regel nicht.

Sie betonen immer wieder, wie wichtig der rasche Zubau ist. Fällt die Politik die richtigen Entscheide, um den Zubau zu beschleunigen und die Versorgungs­sicherheit zu verbessern?

Im Grundsatz hat das Jahr 2022 dazu geführt, dass in der Politik das Bewusstsein dafür massiv gewachsen ist, dass wir nicht weiterfahren können wie in den Jahren zuvor. Wir sind sehr froh um die verschiedenen Initiativen zur Beschleunigung des Zubaus. Man muss sich aber auch bewusst sein, dass im Mantelerlass in erster Linie der Zubau der erneuerbaren Energien geregelt ist. Dieser trägt auch zur Versorgungs­sicherheit bei. Explizit ist die Versorgungs­sicherheit in diesem Erlass aber nur rudimentär oder gar nicht geregelt. Dabei denke ich an Reservekraftwerke oder Instrumente, die in anderen Ländern angewandt werden, wie zum Beispiel Kapazitätsmärkte, die einen ganz direkten Beitrag zur Versorgungssicherheit leisten können. Es gibt also noch Lücken, die vorderhand über Notrecht geschlossen wurden.

Weitere gesetzliche Anpassungen sind hier aus Ihrer Sicht also noch notwendig?

Ja.

Abgesehen von der Gesetzesebene: ­Welche Ratschläge würden Sie heute ­Privathaushalten geben, um sich bezüglich ihrer Versorgungssicherheit auf die kommenden Jahre vorzubereiten? Sollen sie sich beispielsweise einen Speicher ­anschaffen?

Alle, die die Möglichkeit haben, oder alle, bei denen eine Sanierung ansteht, sollen daran denken, dass sie über ein Dach oder Fassaden verfügen, an denen man eine Photovoltaikanlage installieren kann. So können sie direkt einen Beitrag zur Versorgungssicherheit leisten. Wir werden die Energiewende nur erreichen, wenn möglichst viele Bürgerinnen und Bürger einen Beitrag dazu leisten, indem sie ihre verfügbaren Potenziale nutzen. Mit zusätzlichen Investitionen in Speicher kann jede und ­jeder einen zusätzlichen Beitrag leisten. Streng wirtschaftlich betrachtet, rechnen sich diese zurzeit zwar noch nicht. Sie helfen aber mit, den Eigenverbrauch deutlich zu erhöhen. Eine Möglichkeit, die im Moment noch sehr spärlich genutzt wird, die aber in Zukunft vermehrt genutzt werden wird, ist das Elektroauto als Speicher. Die meisten verfügen über grosse Batterien und fahren nicht täglich grosse Distanzen. Mit diesen Batterien erhalten wir einen beträchtlichen Puffer – einen grösseren als derjenige bei stationären Speichern. Zuletzt kann jede und jeder neben produktions­seitigen Massnahmen mit einem sparsamen und effizienten Umgang mit Energie einen Beitrag leisten.

Ist es angesichts der Gefahr einer Strommangellage im Winter richtig, auf Elektromobilität oder auch auf Wärmepumpen zu setzen, so wie es in den Strategien des Bundes auch propagiert wird?

Auf der einen Seite scheint dies kurzfristig problematisch. Auf der anderen Seite wissen wir, was die Politik beschlossen hat: Die Klimaziele von Paris mit einer Beschränkung der Erderwärmung auf 1,5 °C sollen in der Schweiz umgesetzt werden. Bis 2050 soll unser Land CO2-neutral sein. Wir müssen also dekarbonisieren. Mit der Elektrifizierung erreichen wir in allen Bereich deutlich höhere Wirkungsgrade. Zudem findet die Elektrifizierung in einem gewissen Gleichschritt mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien statt. Und ein Elektroauto ist natürlich deutlich sinnvoller, wenn es zu Hause mit der eigenen PV-Anlage geladen wird, als wenn man Kohlestrom aus Deutschland dafür braucht. Es führt kein Weg an der Elektrifizierung unserer Gesellschaft vorbei. Wenn Grundeigentümer ihre Liegenschaften sanieren oder neue Liegenschaften bauen, dann müssen sie sich heute intensiv mit der Frage beschäftigen, was sie als Beitrag leisten können und wie das System der Zukunft aussieht. Wenn sie sich entsprechend verhalten, können sie ­einen wesentlichen Beitrag leisten.

Zum Schluss: Wo wird die Schweiz bezüglich ihrer Versorgungssicherheit Ende des Jahrzehnts stehen?

Ich erhoffe mir, dass es gelingt, jährlich zwei bis drei Terrawattstunden inländische Produktionskapazität zuzubauen. Das würde die Situation deutlich verbessern. Dabei muss über die Verfahren gesprochen werden. Denn ohne schlankere und schnellere Verfahren schaffen wir die Zubauziele nicht. Angesichts der Risiken sind wir auch der Meinung, dass die Reservekapazitäten ausgebaut werden müssen – auch wenn ich persönlich keine Freude an Gaskraftwerken habe. Wir müssen dafür sorgen, dass das hochsensitive System der Stromversorgung nicht am Limit betrieben werden muss. Es braucht immer genügend Reserven. Die Folgekosten einer Mangellage und die Schäden, die bei einem Blackout entstehen würden, sind derart gewaltig, dass wir uns das nicht leisten dürfen. Diese Sicherheit hat ihren Preis.

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